Mit der Pénichette unter den Brücken von Süd-Holland 10 Tage vom 27. August bis 6. September 2010
Boot:
Locaboat Pénichette 1165FB |
Dieser Urlaub erschütterte die Grundfesten der Landratten-Crew, denn Franz, einer der Gründungmitglieder dieser verschworenen Gemeinschaft war erkrankt und konnte die geplante Reise nicht mitmachen. Natürlich fiel auch Elisabeth, seine treu sorgende Ehegattin aus, und so wären wir fast ohne Mannschaft da gestanden, hätten wir nicht ohnehin zufällig meine Tochter Andrea und Schwiegersohn Claus auf ein paar Tage als Gäste an Bord eingeladen. Die beiden quetschten nun ihren Urlaubsanspruch bis aufs Letzte aus und heuerten als „Jungratten“ für die ganze Rundfahrt an, die nur geringfügig verkürzt werden musste. Ihre An- und Rückreise erfolgte mit dem Flugzeug über Amsterdam.
So verließen meine Frau Regina und ich am 23. August diesmal allein unsere Heimatstadt Wien und fuhren mit dem Auto in einer ersten Etappe nach Heroldsberg bei Nürnberg, wo wir schon traditionell im Hotel-Gasthof „Rotes Ross“ übernachteten. Der nächste Tag führte uns über Frankfurt und Koblenz in die Deutsche Vulkan-Eifel, wo wir uns in Schalkenmehren, im Hotel Schneider am Maar, einquartierten. Auf der dritten Tages-Etappe tingelten wir über Daun und Gerolstein nach Trier, wo wir einen längeren Besichtigungshalt einlegten. Dann ging’s aber noch weiter über Luxemburg nach Bouillon in Süd-Belgien, wo wir im Hotel Cosy ein Zimmer bestellt hatten. Der nächste Tag war für eine Besichtigung dieser reizenden Stadt und ihrer riesigen Burganlage vorgesehen, außerdem machten wir einen Abstecher an die Maas, in die französischen Ardennen. Am nächsten Tag fuhren wir dann endlich strikt nach Norden und erreichten nach einem Abstecher in die Stadt Mechelen endlich die Locaboat-Basis in Loosdrecht, wo wir unser Boot übernehmen sollten.
Nähere Details zu unserem geplanten Besichtigungsprogramm finden Sie in unserem Kulturhandbuch.
Nachfolgend eine Zusammenfassung unseres Bordbuches:
Freitag, 27. August 2010
Nach einer mühsamen, durch heftige Regenfälle gekennzeichneten Fahrt erreichen wir
die Basis Loosdrecht gegen 16:00 Uhr. Sie liegt im
Recreatiecentrum Mijnden,
einem weitläufigen Freizeitpark mit Blockhütten, Campingplatz und Yachthafen.
Er ist mit einer Schrankenanlage abgesperrt, wir erhalten an der Einfahrt eine
Parkkarte, die uns den Schranken während der Aufenthaltsdauer öffnet. Neben
der Basis liegen das Restaurant „Het Drechthuis“, ein „Spar“-Supermarkt,
bei dem auch die vorbestellten Lebensmittel abgeholt werden können, sowie
diverse Sanitäranlagen.
Der Parkplatz befindet sich direkt neben den Boots-Liegeplätzen.
Die Dame im Büro versucht mir die Vorteile des All-Inclusive-Paketes schmackhaft zu
machen, was ich - angesichts der sonst gesondert verrechneten
Heiz-Betriebsstunden an Bord - auch abschließe. Denn das Wetter ist scheußlich
und die Jungratten temperaturmäßig noch nicht so abgehärtet. Wir beziehen
das Boot und warten auf die Mannschaft, die sich noch irgendwo in Amsterdam
herumtreibt.
Regina kommt das WC komisch vor: es hat nicht den gewohnten Pumphebel und somit kann man nicht hinunterlassen. Die Dame vom Büro kommt zufällig vorbei, kann dazu jedoch keine Aussage machen und verweist auf die Einschulung durch den Techniker. Dieser zeigt uns dann einen unscheinbaren Druckknopf auf der anderen Seite der Nasszelle, mit dem die Spülung automatisch ausgelöst wird. Allerdings bedient sie sich aus dem Trinkwasservorrat des Bootes, der sich bei jedem Drücken um gut 5 Liter verringert. Die weitere Einweisung durch den Techniker erfolgt kurz und schmerzlos, als er hört, dass ich schon öfter mit dem Boot gefahren bin. Da dieses aber erstmals mit einem Bugstrahlruder ausgerüstet ist, bestehe ich auf einer Probefahrt. Dabei erfahre ich noch interessante Details über die Gebräuche auf den stark befahrenen holländischen Gewässern und werde auch darüber belehrt, den Gashebel und das Bugstrahlruder nur sehr sparsam zu betätigen, weil ja der arme Techniker sonst wieder alles reparieren muss. Naja, im Prinzip richtig, aber es ist ja schließlich sein Job!
Gegen 18:00 Uhr erscheinen Andrea und Claus. Sie sind von der Bushaltestelle in Loenen die rund drei Kilometer mit den Rucksäcken zu Fuß marschiert – tapfer! Nun richten wir uns am Boot ein. Durch die überzählige Kabine haben wir ein bisschen Stauraum gewonnen. Das Beziehen der Betten macht anfangs Probleme, weil Andrea in der Heckkabine Decken hat, die nicht zu den Bezügen passen, aber wir können sie zum Glück gegen die Decken in der unbelegten Kabine tauschen. Auch die frischen Leintücher sind nicht das Gelbe vom Ei und weisen teilweise münzgroße Löcher auf. Aber die Basis hat schon geschlossen und wir wollen uns die Urlaubslaune nicht verderben lassen.
Wir gehen zum Abendessen ins Restaurant „Het Drechthuis“,
das sehr nett am Wasser liegt und eine große Speisenauswahl mit Riesenportionen hat. Nur mit der
holländischen Küche habe ich so meine Probleme…
Tagesleistung |
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Strecke: |
Basis Loosdrecht |
Fahrkilometer: |
0 |
Brücken / Schleusen: |
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Kosten: | |
Reine Fahrzeit: |
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Samstag, 28. August 2010
Der nächste Morgen erwartet uns mit leichtem Regen
und einer Temperatur von 12 Grad. Wir starten gegen 09:00 Uhr und sind 20
Minuten später bereits in der Schleuse von Mijnden, die die Aufgabe hat, das
weitläufige Wassersportgebiet „Loosdrechter Plassen“ vom Fluss Vecht zu
trennen. Die Sonne kommt heraus, es herrscht viel Betrieb und wir werden für
die Durchfahrt um EUR 4,50 erleichtert. Gleich nach der Ausfahrt halten wir uns
rechts und folgen der Vecht Richtung Norden.
Wir durchqueren das Städtchen
Loenen und finden kurz hinter Overmeer einen üppigen Anleger im Grünen, der
uns zu einer Pause einlädt. Wir taufen unsere Pénichette, die bei Locaboat den
Namen „Marken“ führt, nach alter Sitte auf den Namen unseres Heimatbezirkes
Brigittenau und geben ihm den Doppelnamen „Brigittenau-Marken“. Nach dem üppigen
Sektgelage mit 2 Piccolo-Fläschchen überkommt uns aber der Hunger und wir
zaubern aus der schnellen Küche Spaghetti auf den Tisch, die wir wegen des
Sonnenscheins natürlich am Oberdeck konsumieren. Der Teller ist aber noch nicht
leer, als es plötzlich schwarz wird und ein fürchterliches Gewitter mit Hagel
uns einen Stock tiefer vertreibt.
Auf der Weiterfahrt halten wir uns bei Nigtevecht scharf rechts und erreichen über
Uitermeer die Stadt Weesp, unser geplantes Tagesziel. Dort lässt man uns endlos
lange vor der geschlossenen Brücke warten, denn in der Stadt wird
offensichtlich ein großes Fest gefeiert. Da wir nur an eingerammten Pfählen
festmachen konnten, die keinen Landzugang erlauben, fahre ich etwa 100 Meter zurück
und versuche im dortigen Yachthafen einen Liegeplatz zu finden. Das gelingt
auch, aber der Hafenmeister lässt uns nicht übernachten, weil er angeblich den
Platz zum Tanken freihalten muss. (Später sehen wir aber, dass dort sehr wohl
andere Yachten akzeptiert wurden.)
Zum Glück geht jetzt aber die Brücke auf
und wir kommen der Innenstadt einen Schritt näher. Damit erhöht sich aber auch
der Lärmpegel: von zahlreichen Bühnen dröhnt Musik, auf dem Wasser fahren
kostümierte Landsknechte und feuern ihre Kanone ab, im Rahmen des
Kinderprogrammes findet eine Mini-Segelregatta am Kanal statt. Vorsichtig taste
ich mich an allen Hindernissen vorbei und komme zur nächsten Brücke, die von
Schaulustigen völlig verstellt ist. Aber der Brückenwärter verscheucht sie
alle und öffnet für uns die Durchfahrt, die uns ins Herz der Altstadt führt.
Aber da komme ich erst vom Regen in die Traufe, denn im Hafenbecken findet ein
Rennen der Modellboote statt, die mir von rechts und links um die Ohren flitzen.
Erst nach der nächsten Brücke lässt das Jahrmarktgetöse etwas nach und wir
suchen einen Liegeplatz in angenehmer Distanz zu den Feierlichkeiten. Ich finde
auch bald einen zwar etwas klein dimensionierten Raum zwischen zwei anderen
Booten, aber mit Hilfe des neuen Bugstrahlruders gelingt der Trick des Rückwärtseinparkens
und wir sind mit uns sehr zufrieden.
Nach kurzem Durchatmen stürzen wir uns dann selbst ins Getümmel des „Schleusen-
und Brückenfestes“ von Weesp und sind überwältigt von den Zuschauermassen
und der Veranstaltungsvielfalt in diesem kleinen Städtchen.
Das Abendessen holen wir uns von der umliegenden Gastronomie. Eine Dame der
Stadtverwaltung erscheint und knöpft uns entsprechend den Laufmetern unseres
Bootes EUR 9,60 ab - Musikbeitrag inclusive.
Nach dem Verebben des Gejohles beim Auftritt der männlichen Unterhosenmodels begeben
wir uns zur Ruhe, die Musikdarbietungen verfolgen uns aber noch bis in den
Schlaf.
Tagesleistung |
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Strecke: |
Basis Loosdrecht – Loenen – Uitermeer - Weesp |
Fahrkilometer: |
22 |
Brücken / Schleusen: |
8 |
Kosten: | Brücken / Schleusen: EUR 8,50 Liegegebühren: EUR 9,60 |
Reine Fahrzeit: |
etwa 4 Stunden |
Sonntag, 29. August 2010
Nach dem ausgelassenen Fest des Vortages liegt die Stadt noch in Agonie, nur einige
Straßenkehrer sind unterwegs. Es regnet leicht, wir legen um 09:00 Uhr ab und
stehen nach wenigen Metern schon vor der nächsten Brücke. Sie wird auch
alsbald geöffnet, aber es strömen so viele Boote herein, dass sich schon ein Rückstau
von der nächsten Brücke bildet. Der Brückenwärter, der für beide Brücken
zuständig ist, lässt uns gar nicht mehr passieren, sondern löst zuerst seinen
Stau auf und wir haben noch etwas Zeit zum Erwachen…
Unsere nächste Aufgabe ist die Überquerung des Amsterdam-Rijn-Kanals, einer breiten
Wasserstraße für die Großschifffahrt. Bei der Einschulung wurde ich darauf
hingewiesen, bei der Einfahrt zunächst nach rechts abzubiegen, den Verkehr in
beiden Richtungen genau zu beobachten und erst dann in einem Bogen auf die
andere Kanalseite zu wechseln und schließlich wiederum rechts abbiegend, den
Kanal zu verlassen. An sich eine gute Technik, denn die großen Pötte haben oft
ein Tempo drauf, das man als Laie nicht so schnell einschätzen kann. Aber an
diesem grauen Sonntagmorgen sind auch die Flussschiffer noch nicht munter.
Der gegenüberliegende Wasserweg, den wir bei Driemond erreichen, führt uns sehr
bald durch die südlichen Vororte von Amsterdam und kann außer dem beständigen
Regen keine besonderen Höhepunkte aufweisen. Wir erreichen schließlich den
Fluss Amstel, vermeiden aber die Weiterfahrt ins Zentrum von Amsterdam, sondern
halten uns südlich, unterqueren einige Autobahnen und erreichen gegen 12:00 Uhr
schließlich das Städtchen Ouderkerk an der Amstel, wo wir einen Zwischenhalt
einlegen und uns ein Mittagsmahl zubereiten. Am Boden der Küche bildet sich häufig
eine Wasserlacke, deren Ursprung wir nicht nachvollziehen konnten. Nun aber
erkennen wir, dass eine Dichtung der gläsernen Abzugsklappe in der Küchendecke
defekt ist.
Plötzlich eine Regenpause! Wir lassen alles stehen und machen einen Landgang. Gleich
nebenan entdecken wir eine Personenfähre, die durchaus fürs Museum geeignet wäre.
Sie wird von einem Mann und einer Frau bedient, die mit einem Klemmholz die Fähre
am Seil über den Fluss ziehen. Und das für 50 Cent pro Person! Wir besuchen
das Gräberfeld des portugiesisch-jüdischen Friedhofs
Beth Haim aus dem 17. Jahrhundert, machen eine kleine Runde durch die Stadt und das war’s dann
schon, weil es wieder zu regnen beginnt.
Gegen 15:00 Uhr legen wir wieder ab und sind eine gute Stunde später bereits in
Uithoorn, unserem geplanten Tagesziel. Den dortigen Liegeplätzen können wir
aber gar nichts abgewinnen und so beschließen wir, bis zur Abzweigung der
Krommen Mijdrecht weiter zu fahren und uns dort ein Plätzchen im Grünen für
die Nacht zu suchen. Wenige Meter nach der Abzweigung finden wir im Bett der
Amstel einen mit Pollern bestückten Liegeplatz unter einem Baum und kommen ein
wenig zur Ruhe.
Dann aber treibt uns der Tatendrang zu einem nahe gelegenen Müllcontainer
und dahinter finden wir eine Hinweistafel auf das „Fort an der Drecht“,
einem Bauwerk auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes, das sich ganz in der Nähe
befinden muss. Claus schnappt sich ein Rad, folgt der kleinen Nebenstraße und findet nach wenigen
hundert Metern eine Wasserfestung, die am Ende des 19. Jahrhunderts als Teil
eines Befestigungsringes rund um Amsterdam errichtet wurde
(Stellung von Amsterdam).
Heute wird das Areal von einer Künstlerkolonie genutzt.
In der Nacht werden wir durch heftige Regenfälle wach gehalten, die auf das Kabinendach trommeln. Auch ein ordentlicher Sturm, der immer wieder Äste vom Baum schüttelt, trägt dazu bei, dass Regina nicht schlafen kann. Und wenn man nicht schlafen kann, denkt man z.B. darüber nach, ob wir angesichts des steigenden Wasserspiegels nicht die Leinen zu kurz gehalten haben. Und wenn man nicht schlafen kann, fragt man seinen Ehemann, was der von diesem Problem hält. Und wenn der Ehemann genug hat, dann geht er in Pyjama und Schlapfen in den Regen hinaus und macht die Leinen lockerer. Dass das Boot dann im Sturm herum bockt, stört keinen, weil man ohnehin nicht schlafen kann…
Tagesleistung |
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Strecke: |
Weesp – Driemond – Amsterdam – Ouderkerk - Uithoorn |
Fahrkilometer: |
29 |
Brücken / Schleusen: |
8 |
Kosten: | 0 |
Reine Fahrzeit: |
etwa 4 Stunden 30 Minuten |
Montag, 30. August 2010
Nach kurzer Nachtruhe werden wir in der Früh von zaghaften Sonnenstrahlen geweckt.
Es hat 15 Grad und der Wind weht immer noch ganz heftig. Schwarze Wolken und
Sonnenlöcher wechseln blitzartig. Das Boot sieht an Deck schrecklich aus und
ist über und über mit Ästen, Blättern und Samenkapseln bedeckt. Wir befördern
alles über Bord und bedanken uns auch für den kurzen Regenguss, der schließlich
alles wieder sauber spült. Natürlich hat es auch wieder durch die Küchenluke
geregnet und ich löse das Problem provisorisch, indem ich von außen die
defekte Dichtung mit Klebeband aus dem eigenen Werkzeugköfferchen abklebe.
Gegen 09:15 Uhr legen wir ab und fahren nun wirklich in die Kromme Mijdrecht ein. Das
ist ein deutlich schmälerer Wasserweg, der uns in südlicher Richtung durch ein
Naturschutzgebiet ohne größere Ansiedlungen führt. Rechts und links des
Flusses liegt das Land tiefer und ist von endlosen Entwässerungskanälen in
einzelne Grünstreifen geteilt, auf denen häufig Rinder und Schafe weiden.
Hinter dem Örtchen Zomerlust laufen wir auf einen großen Lastkahn auf, der in diesem
engen Gewässer natürlich im Schneckentempo vor uns hinfährt. Das
Hinterherfahren ist sehr zermürbend und so machen wir bei der erstbesten
Gelegenheit einen Zwischenhalt um ein bisschen Abstand zu gewinnen.
Hier gibt’s natürlich keine ausgebauten Anlegestellen und so lernen unsere
Jungratten bei dieser Gelegenheit, wie man ein Boot mit Hammer und Nagel
befestigt. Da wir nicht wissen, wie schnell der große Pott vorankommt, schwingt
sich Claus aufs Rad und fährt auf Erkundung. Er bringt die frohe Botschaft, dass das
Schiff nur bis zum nächsten Ort gefahren ist und dort vor einem Fabrikgebäude
festgemacht hat. Also dann los, bevor er sich’s wieder anders überlegt! Wir
legen ab, passieren das Schiff und fahren bei Woerdense Verlaat durch eine
kleine Schleuse, die uns auf den noch engeren Wasserweg des Flusses Grecht führt.
Hier hätte das große Schiff gar nicht weiter fahren können. Wieder
durchqueren wir eine idyllische Landschaft und erreichen schließlich den
Stadtrand von Woerden. Hier suchen wir den Yachthafen De Grecht, der uns zum
Wasser tanken empfohlen wurde. Er liegt wirklich ganz ideal: wir müssen nur
links zufahren und liegen schon vor der Wasserentnahmestelle. Diese ist mit
einem Automaten ausgestattet, der gegen Einwurf von 50 Cent angeblich 100 Liter
Wasser ausspuckt. Wir investieren 2 Euro, bis das Wasser überläuft, und
sollten somit also 400 Liter getankt haben. Da der gesamte Wassertank ein
Fassungsvermögen von 700 Litern hat, können wir uns nun ausrechnen, ob wir
weiterhin so häufig die Klo-Spülung bedienen dürfen…
Wenige Meter danach passieren wir eine Brücke und erreichen den Oude Rijn, dem wir
nach links, in das Zentrum von Woerden, folgen. Hier fährt man direkt durch die
Vorgärten der Anwohner. Nach zwei weiteren Brücken, die alle vom selben Brückenwärter
bedient werden, kommen wir schließlich in den Wassergraben der befestigten
Stadt, der mit Liegeplätzen ausgestattet, aber schon gut gefüllt ist.
Wir finden schließlich eine Liegemöglichkeit an einer ruhigen Nebenstraße, unter
großen Platanen. Es gibt zwar keine Poller, aber wir nehmen zuerst provisorisch
die Bäume zum Festmachen und wechseln dann in Ruhe auf die Nageltechnik. Mit
der Nachbarschaft haben wir guten Blickkontakt, weil die Holländer ja keine
Vorhänge verwenden, nur ihre Hundehaltung bereitet uns Sorgen, weil sie den Grünstreifen
am Wasser für die Verdauungsspaziergänge ihrer Lieblinge verwenden und wir
beim Landgang andauern in ihre Hinterlassenschaften treten.
Wir machen einen Rundgang durch die Stadt, der wieder durch einen Regenschauer unterbrochen wird und füllen schließlich unsere Lebensmittel bei einem Einkauf in der Supermarkt-Kette Albert Heijn wieder auf. Abendessen an Bord. Nach Einbruch der Dunkelheit machen Andrea und Claus noch einen Bummel durch die Stadt.
Mit Andrea ist in den letzten Tagen eine wundersame Veränderung passiert: ihr sind plötzlich Seemannsbeine gewachsen! Auf einmal erinnert sie sich an einen Segelkurs, den sie in ihrer Kinderzeit besucht hat, packt interessante Knotentechniken aus, wechselt mit ihrer Mutter den Job an der Vor- zur Heckleine und erklärt ihrem Ehemann ganz allgemein, wo beim Boot vorne und hinten ist. Kurzum: sie ist zum Vollmatrosen avanciert!
Tagesleistung |
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Strecke: |
Uithoorn - Zomerlust - Woerden |
Fahrkilometer: |
21 |
Brücken / Schleusen: |
7 |
Kosten: | Brücken / Schleusen: EUR 1,50 |
Reine Fahrzeit: |
etwa 4 Stunden |
Dienstag, 31. August 2010
Der neue Tag überrascht uns mit Sonne. Es ist windstill, hat 15 Grad und das Deck
ist erstmals staubtrocken. Claus versucht zum Frühstück frisches Gebäck aufzutreiben, aber seltsamerweise
sperren in Holland die Bäckereien nicht vor 09:00 Uhr auf. Die Erstlieferung an
den Supermarkt wird daher von ihm konfisziert! Nun zeigt sich auch ein Herr von
der Stadtverwaltung, der die Liegegebühr für unser Boot kassieren kommt. Da Claus
ein bisschen die holländische Sprache beherrscht, erfährt er von ihm die
Telefonnummer, unter der man die gewünschte Brückenpassage anmelden kann, denn
der Brückenwärter muss dazu erst mit dem Rad anreisen.
Gegen 09:30 geht schließlich die Brücke auf und wir können loslegen. Wir fahren
Richtung Westen, zunächst wieder auf dem gleichen Weg aus der Stadt, dann
weiter auf dem Oude Rijn durch einige nette kleinere Orte. Wir erreichen
Bodegraven, wo wir eine Schleuse passieren. Danach wird die Umgebung mehr von
Industrieanlagen geprägt und wir treffen schließlich auf eine Wasserstraßenkreuzung,
auf der rechts der Aarkanal nach Amsterdam und links die Gouwe nach Gouda führt.
Wir aber fahren geradeaus auf dem Oude Rijn weiter und durchqueren die Stadt
Alphen am Rijn, wobei wir die vielen modernen Wohnanlagen bestaunen, die direkt
ans Wasser gebaut wurden. Gegen 13:00 Uhr machen wir an einem schönen Anleger
in Alphen fest und nehmen einen Imbiss zu uns.
Gleich nebenan befindet sich ein kleines Café und Claus
serviert uns von dort einen Bessen-Jenever, das ist eine Art Likör aus
Beerenfrüchten, der mit Jenever (Holländischer Korn) angesetzt wird. Gut gekühlt
ein köstliches Getränk! Diese Stärkung können wir auch gut gebrauchen, denn
gerade haben wir vor unserer Nase den Begegnungsverkehr von zwei großen Pötten
in einer Flussbiegung. Da schluckt man schon ein bisschen!
Um etwa 14:00 Uhr machen wir uns wieder auf den Weg und erreichen schon bald die
Abzweigung, die uns Richtung Norden führen soll. Hier haben wir vollen
Gegenwind und müssen schauen, dass wir von der Stelle kommen. Bis zum Ort
Woubrugge ist die Gegend ziemlich uninteressant und industriell geprägt.
Dann aber sieht man die ersten Ausläufer des Braassemermeeres, wo sich ein
bedeutendes Wassersportzentrum etabliert hat. Wir überqueren den See in der
vorgesehenen Fahrrinne, zwischen roten und grünen Tonnen, und erreichen nach
einer guten halben Stunde die Ausfahrt beim Ort Oude Wetering. An diesem lang
gezogenen Kai gibt es unendlich viele Liegeplätze. Wir suchen uns den vor der
Kirche aus, wo uns eine Gehsteigvorziehung mit Parkbank von der ohnehin nicht
stark befahrenen Uferstraße trennt.
Wir genießen die Sonne an Deck und machen dann einen Bummel zurück bis zum
Seeeinlauf. Bei dieser Gelegenheit entdecken wir ein Geschäft mit einer großen
Auswahl an Bessen-Jenevers, wo wir uns mit ein paar Flaschen eindecken. Mehr
gibt’s in diesem Örtchen nicht zu sehen! Abendessen an Bord, anschließen
eine Runde UNO.
Tagesleistung |
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Strecke: |
Woerden – Bodegraven – Alphen – Woubrugge – Oude Wetering |
Fahrkilometer: |
31 |
Brücken / Schleusen: |
9 |
Kosten: | Brücken / Schleusen: EUR 3,50 Liegegebühren: EUR 8,25 |
Reine Fahrzeit: |
etwa 5 Stunden |
Mittwoch, 1. September 2010
Heute früh ist es heiter bis wolkig bei 16 Grad. Wir legen um 09:15 Uhr ab, fahren
aber nur ein paar hundert Meter bis zu dem Schnapsgeschäft, wo wir gestern den
Jenever gekauft haben. Der war nämlich aus Himbeeren gefertigt und uns ein
wenig zu süß. Claus kauft eine andere Flasche, von der man wiederum nicht weiß, was drin ist –
das ist eben Rätselraten auf Holländisch. Aber vor der Verkostung muss er erst einmal ins Eis!
Das Braassemermeer ist heute völlig glatt und wir halten uns auch gar nicht mehr
an die Fahrrinne, sondern tingeln gemütlich über den See. Dann fahren wir auf
den schon bekannten Wegen durch die Stadt Alphen bis zur großen Wasserstraßenkreuzung,
wo wir nun nach Süden abbiegen. Hier ist es nicht sehr einladend: industrielle
Umgebung, viele große Lastschiffe und riesige Hebebrücken, die bis zu 34
Metern Durchfahrtshöhe angehoben werden können. Da ich gerne wieder einmal
Wasser getankt hätte, versuchen wir beim Yachthafen Boskoop unser Glück, aber
wir werden bei der ersten Brücke gleich mit der Auskunft abgewimmelt, dass die
Wasserleitung in Reparatur sei. Also ziehen wir weiter und machen gegen 12:00
Uhr beim Anleger in Waddinxveen für einen Mittagshalt fest.
Um 13:00 Uhr legen wir wieder ab und wollen die daneben liegende Riesen-Hebebrücke
passieren, da sehe ich einen großen Pott heranrauschen. Eingedenk aller
Schulungsmaßnahmen lasse ich ihm natürlich den Vortritt und hänge mich hinter
ihm bei der Durchfahrt an. Kommt doch der Brückenwärter aus seinem Häuschen
heraus und schimpft uns irgendwas Unfreundliches hinterher! Zum Glück hab
ich’s nicht verstanden und Claus meint, es wäre auch besser so…
Nach ein paar großen Eisenbahnbrücken zweigt dann links die Nieuwe Gouwe ab, die
ins Zentrum von Gouda führt. Hier ist wieder ein Yachthafen angekündigt, bei
dem wir versuchen zu Wasser zu kommen. Er liegt in einem ganz engen Kanal, in der
Krommen Gouwe. Wir kommen auch tatsächlich bis zum Wasserhahn, aber dann
erscheint ein mürrischer Hafenmeister, der uns unfreundlich mustert und dann
erklärt, dass wir kein Wasser bekommen können. Claus versucht ihn auf Holländisch zu überreden,
aber er meint sinngemäß nur, wir sollen uns von hinnen nach dannen heben.
Aber so leicht ist das in dem engen Gewässer
gar nicht: ich muss erst ein Stück rückwärts fahren und dann eine
Punktwendung hinlegen. Es lebe das Bugstrahlruder!!
Das dritte Erlebnis mit unwilligen Yachthäfen lässt uns ein bisschen nachdenklich
werden, was denn diesen Unmut ausgelöst hat und wir vermuten Vorbehalte gegen
Hausbootfahrer im Allgemeinen oder Locaboat im Speziellen. Aber
was ärgere ich mich über die Yachthäfen, jetzt wollen wir erst einmal Gouda
erleben!
Wir kommen zu einer Schleuse, wo wir vom Schleusenwärter mit einem
Stadtplan versorgt werden. Gleich danach gibt’s eine Brücke und noch eine Brücke
und dabei verliere ich irgendwie den Überblick und biege in den falschen Kanal
ab, denn Hinweisschilder sind hier ein Fremdwort. Aber mir kommt der Weg ohnehin
komisch vor. Der freundliche Brückenwärter holt mich wieder auf den Pfad der
Tugend zurück und verweist mich in die Turfsingelgracht, wo Hausboote
anscheinend zu parken haben. Dort ist aber alles belegt: Boot um Boot am linken
und rechten Ufer. Da sehen wir jenseits der Guldenbrug viel freien Platz,
passieren die Brücke und machen dort fest.
Hier haben wir einen herrlichen Ausblick auf eine Windmühle und freuen uns über
einige historische Schiffe in unserer Nähe.
Lange dauert die Freude allerdings nicht, denn der Brückenwärter kommt angeradelt
und klärt uns darüber auf, dass wir hier im Museumshafen liegen. Zwar sind
hier auch Gäste mit Oldtimer-Schiffen gerne gesehen, aber so alt sieht unser
Boot nun auch wieder nicht aus. Da helfen auch die Löcher in den Leintüchern
und Dichtungen nicht. Wir müssen wieder zurück verlegen und zum Trost weist
uns der Brückenwärter einen Liegeplatz direkt neben einer Wasserentnahmestelle
zu. Der Platz ist zwar recht klein dimensioniert: hinter uns eine Yacht, vor uns
ein breitrumpfiger Holzkahn. Aber die neue Technik des Rückwärtseinparkens führt
auch hier zum Erfolg. Obwohl die verschiedenen Bootseigner schon aufgeregt
herumlaufen, komme ich ohne Feindberührung in meine Parklücke. Und die erste Tätigkeit
besteht aus Wassertanken, bevor uns noch jemand auch von diesem Platz
verscheuchen kann. Wir genehmigen uns ein Gläschen Bessen-Jenever und der neue
schmeckt nach Ribisel - super!
Um 15:45 Uhr brechen wir zu einem Stadtrundgang auf und sind bald verzaubert von
der Atmosphäre dieser Stadt mit den vielen kleinen Kanälen und Grachten. Rund
um das Rathaus herrscht buntes Markttreiben. Wir besichtigen das Waaghaus, wo früher
der Käse gewogen wurde und kommen vor Torschluss gerade noch in die
Sankt-Johannes-Kirche, die mit ihren 123 Metern Länge die längste der
Niederlande ist. Sie ist besonders für ihre herrlichen Glasfenster bekannt.
Dann aber sind wir erschöpft und nehmen in einem Lokal am Marktplatz einen
kleinen Imbiss. Danach noch ein paar Lebensmittelergänzungen und zurück zum
Boot. Abendessen an Bord.
Andrea und Claus machen abends noch einen Stadtbummel, kommen aber bald wieder zurück, weil in
den meisten Kneipen ein fürchterliches Gegröle herrscht, was ihnen die Laune
verdirbt. Gegen 23:00 Uhr hat es immer noch 16 Grad.
Tagesleistung |
|
Strecke: |
Oude Wetering – Woubrugge – Alphen – Boskoop - Gouda |
Fahrkilometer: |
28 |
Brücken / Schleusen: |
8 |
Kosten: | 0 |
Reine Fahrzeit: |
etwa 4 Stunden 10 Minuten |
Donnerstag, 2. September 2010
Heute Morgen ist es bewölkt bei 15 Grad, es hat über Nacht also kaum abgekühlt.
Bevor der Brückenwärter der Guldenbrug erstmals die Brücke öffnet, kommt er
vorbei um die Liegegebühr für das Boot abzukassieren.
Er verrechnet EUR 8,80, die wir gerne berappen, weil wir in der Früh nochmals Wasser getankt haben und
nun um 09:20 Uhr randvoll ablegen. Hinter dem Museumshafen stoßen wir auf die
Mallegat-Schleuse, die uns auf das Niveau der Hollandse Ijssel hinauf hebt, die
hier noch mitunter von den Gezeiten beeinflusst wird. Wir halten uns Richtung
Osten und erreichen bald eine weitere Schleuse, die uns wieder auf Kanalniveau
befördert. Hier ist es dann auch erst einmal vorbei mit der Großschifffahrt,
wir passieren einige reizende, kleine Orte in einer freundlichen Landschaft und
kommen gegen 12:00 Uhr schließlich nach Oudewater, wo wir zu einem
Stadtrundgang festmachen. Wir besuchen das Hexenhaus, wo im Mittelalter Frauen,
die der Hexerei beschuldigt waren, abgewogen wurden. Waren sie einigermaßen
normalgewichtig, erhielten sie einen Freibrief.
Nur wenn sie untergewichtig waren, wurden sie weiter verfolgt, denn nach damaliger Logik hätten sie nur so
auf einem Besen fliegen können. Wir haben jedenfalls unsere Damen abwiegen lassen
und halten jetzt ein Zertifikat in Händen, welches besagt, dass wir nicht mit
einer Hexe verheiratet sind.
Nach diesen Aufregungen wollen wir an einer fahrenden Fischbude einen kleinen Imbiss nehmen, aber als wir bestellen wollen, zieht der Chef den Stecker der Fritteuse und rüstet zum Aufbruch. Es ist wie verhext…
Nach der Rückkehr zum Boot nehmen wir noch eine kleine Stärkung. Wir wollen gegen 14:20 Uhr gerade ablegen, als sich eine Péniche mit australischer Fahne und 2-Mann-Besatzung vor uns einordnet und aufgrund der beengten Verhältnisse langsamst dahinfährt. Die Hexen verfolgen uns also weiter! Uns bleibt nichts anderes übrig als eine gute Stunde hinter dem Schiff herzufahren. Dann gelangen wir nach Montfoort, wo die Péniche anlegt. Ich bringe noch schnell eine Brücke zwischen uns, dann nehmen wir einen Liegeplatz, bevor die dahinter gestaute Meute auftaucht.
Wir machen einen Stadtrundgang, schauen uns die alte Burg an und geraten in einen Jahrmarkt mit Schießbuden, Autodrom und anderen Pratervergnügungen. Dann schlendern wir ein wenig durch die Einkaufsstraße und schauen nach Mitbringseln für die Daheimgebliebenen. Zurück zum Boot. Abendessen an Bord.
Tagesleistung |
|
Strecke: |
Gouda - Oudewater - Montfoort |
Fahrkilometer: |
20 |
Brücken / Schleusen: |
8 |
Kosten: | Brücken / Schleusen: EUR 8,40 Liegegebühren: EUR 8,80 |
Reine Fahrzeit: |
etwa 4 Stunden |
Freitag, 3. September 2010
Heute ist es wolkenlos bei 15 Grad. Wir legen schon um 08:40 Uhr ab um sicher zu sein,
dass die australische Péniche hinter uns bleibt. Rund eine Stunde später
erreichen wir die Stadt Ijsselstein, wo wir für einen Stadtrundgang festmachen.
Die Stadt ist recht schön und einladend.
Sie hat eine Vielzahl von Geschäften und auf der Hauptstraße wird gerade ein Markt aufgebaut, der aber erst gegen
Mittag öffnet. Nach Rückkehr zum Boot legen wir um 11:20 Uhr ab und biegen kurz
danach rechtwinkelig in den Doorslag ein, einen schmalen Wasserweg, der uns
wieder in nördliche Richtung führt. Wir passieren die Stadt Nieuwegein, die
praktisch ein Vorort von Utrecht ist. Durch eine Schleuse gelangen wir zum
Merwede-Kanal, der schon ein Stück breiter ist und auch Lastkähne wieder
transportieren kann. Gegen 12:15 Uhr legen wir an einem netten Hafenkai an und
nehmen einen kleinen Imbiss zu uns. Als wir eine Stunde später wieder ablegen
wollen, zieht eine Stahlrumpf-Yacht das Interesse aller auf sich: ihr Motor
knallt und raucht, und die Besatzung schaut ein wenig hilflos drein.
Die Brücke öffnet sich und da die Yacht offensichtlich nicht manövrierfähig
ist, ziehe ich hinter ihr vorbei und wir passieren die Brücke. Andere Boote
folgen uns. Knapp danach folgt schon die nächste Brücke, bei der wir uns
wieder anstellen müssen. Als die Brücke aufgegangen ist, wird die Durchfahrt zunächst für den Gegenverkehr
freigegeben. In der Zwischenzeit ist auch die defekte Yacht näher gekommen und
wir hören plötzlich lautes Geschrei von deren Steuerstand. Die Bootsführerin
fuchtelt mit den Händen und versucht klar zu machen, dass sie den Motor nicht
stoppen kann. Also fährt sie mitten durch die aus- und einfahrenden Boote, die
sich - so gut es geht - dünn machen, und nur durch ein Wunder gibt es keine
Kollision. Durchatmen!
Die nächste Aufgabe, die uns bevorsteht, ist die Befahrung des Amsterdam-Rijn-Kanals, jener
Schiffsautobahn, die für die Berufsschifffahrt gebaut wurde und wo wir Kleinen,
mit unseren 11,60 Metern Länge, nicht wirklich etwas zu suchen haben. Zunächst
werden wir mit einer Schleuse auf das Kanalniveau gebracht, dann queren wir mit
dem berühmten U-Turn die Wasserstraße. Auf der anderen Seite führt der
Merwede-Kanal weiter ins Zentrum von Utrecht, aber den können wir nicht benützen,
da Locaboat für Boote der Type „Flying Bridge“ die Durchfahrt durch Utrecht
über die dortige Oude Gracht wegen der niedrigen Rundbogenbrücken verboten
hat.
Da es sonst keine andere Durchfahrtsmöglichkeit durch Utrecht gibt, müssen
wir wohl oder übel die nächsten 10 Kilometer auf dem Amsterdam-Rijn-Kanal zurücklegen.
Wir haben mal wieder Gegenwind, das Wasser ist rau und ruppig und wir kämpfen
uns schön brav am rechten Ufer gegen Norden. Zum Glück ist der Schiffsverkehr
nicht sehr üppig, die meisten Pötte kommen uns entgegen, schwer beladen und
tief im Wasser liegend oder mit einer mehrstöckigen Container-Ladung. Die
Gegend ist natürlich industriell geprägt, wir passieren mehrere riesige Brücken
und finden nach rund einstündiger Fahrzeit rechts die kleine Ausfahrt ins
Gelobte Land und befinden uns ab da wieder auf dem Fluss Vecht, auf dem wir ja
unsere Rundreise begonnen haben. Gegen 15:40 Uhr machen wir im Ort Maarssen,
unserem heutigen Tagesziel, vor einem Wasserschloss fest. Hier wird
offensichtlich im Akkord geheiratet, denn zwei Ausflugsschiffe mit
Hochzeitsgesellschaften fahren vorbei, eine weitere Hochzeit begegnet uns beim
Stadtrundgang.
Wir kaufen noch ein paar Kleinigkeiten ein und kehren dann zum
Boot zurück. Abendessen an Bord. In der schon schräg einfallenden Sonne
bemerken wir, dass unser Boot in einem Ölsee schwimmt, der sich auf der
Wasseroberfläche angesammelt hat. Um auszuschließen, dass wir selbst die
Ursache sind, folgen wir der Ölspur flussaufwärts und werden auch dort fündig.
Da der Brückenwärter nicht erreichbar ist, wählt Claus die Notrufnummer 112 und meldet das Problem.
Man bedankt sich schön für seinen Anruf und verspricht jemanden vorbei zu schicken.
Eine gute halbe Stunde später kommt ein Streifenwagen vorgefahren und der Polizist sieht sich die den
Ölfilm an. Er hat zwar einige Firmen in Verdacht, kann aber zunächst auch
nichts unternehmen. Bei dem geringen Gefälle legt das Wasser angeblich nur
einen Kilometer in 12 Stunden zurück. Am späteren Abend haben wir nochmals
Besuch von einer Amtsperson, die uns für den Liegeplatz EUR 6.- abknöpft.
Tagesleistung |
|
Strecke: |
Montfoort – Ijsselstein – Nieuwegein – Utrecht - Maarssen |
Fahrkilometer: |
28 |
Brücken / Schleusen: |
8 |
Kosten: | Liegegebühren: EUR 6,00 |
Reine Fahrzeit: |
etwa 4 Stunden 20 Minuten |
Samstag, 4. September 2010
Heute herrliches Wetter bei 14 Grad Morgentemperatur, Nebelschwaden liegen über dem
Fluss. Wir legen um 09:00 Uhr ab, passieren einige sehenswerte Schlösser und
sind eine gute halbe Stunde später schon in Breukelen. Wir machen einen kleinen
Landgang der uns bei dem herrlichen Wetter bis ans Ufer des Amsterdam-Rijn-Kanals führt.
Dann geht’s wieder zurück zum Boot, wo wir um 11:00 ablegen, um den letzten Reiseabschnitt in Angriff zu nehmen.
Auch hier wunderschöne Villen und Schlösschen, die interessanterweise fast immer einen
Pavillon direkt am Flussufer haben. Beinahe hätten wir die Einfahrt zu Schleuse
Mijnden übersehen, weil natürlich die einzige Hinweistafel klein und hinter
Buschwerk versteckt ist. Dann aber warten wir an erster Position und trauen
unseren Augen nicht, als hinter uns etwa 20 Boote mit einer Vielzahl von Kindern
auftauchen, die ebenfalls an der Schleuse warten.
Bei der Einfahrt wird in die Schleuse alles hineingestopft, was schwimmt. Ein kleines dunkelhäutiges Mädchen
aus dem neben uns liegenden Boot muss dringend aufs Klo und so lassen wir sie über
unser Boot an Land klettern.
Der zuständige Betreuer plaudert mit Claus und erzählt ihm, dass es sich um schwerkranke Kinder handelt
(Krebs, HIV, Leukämie etc.), mit denen sie einen Tagesausflug auf den Loosdrechter Plassen machen.
Schrecklich – und doch wieder schön!
Wenige Minuten später sind wir zurück an der Basis und suchen uns einen abseits befindlichen Liegeplatz, da wir ja das Boot erst am Montag zurückgeben werden und die Arbeit an der Basis nicht behindern wollen. Dann ist Reste essen angesagt und wir genießen die herrliche Sonne an Deck. Erstmals in diesem Urlaub können die kurzen Hosen herausgekramt werden. Wir bringen den Mund vor Staunen nicht zu, da wir nicht glauben können, was für ein reges Treiben sich am Wasser vor unseren Augen abspielt. Jeder, der einen schwimmenden Untersatz sein Eigen nennt, scheint sich am heutigen Samstag auf dem Wasser aufzuhalten.
Gegen 16:00 Uhr nehmen Andrea und Claus Abschied vom Boot. Wir besteigen das Auto und bringen sie in einer guten halben Stunde zum Flughafen Amsterdam-Schiphol, wo ihr Flugzeug wartet, denn die Heimat ruft wieder.
Regina und ich aber kehren wieder an Bord zurück, schließen das Boot an die Landstromversorgung an und genießen den herrlichen Sonnenuntergang bei einem Gläschen Bessen-Jenever.
Tagesleistung |
|
Strecke: |
Maarssen – Breukelen - Mijnden - Basis Loosdrecht |
Fahrkilometer: |
11 |
Brücken / Schleusen: |
3 |
Kosten: | Brücken / Schleusen: EUR 5,50 |
Reine Fahrzeit: |
etwa 2 Stunden |
Sonntag, 5. September 2010
Auch heute Morgen strahlendes Wetter. Die Locaboat-Basis ist fast völlig leer, denn
die meisten Boote haben gestern ihren Mieter gewechselt und sind bereits auf große
Fahrt gegangen. Bevor noch die Schleuse öffnet und neue Interessenten kommen,
ziehen wir unseren Stromanschluss ab, werfen den Motor an und verlegen die
Brigittenau-Marken an einen Liegeplatz, der ganz nahe bei unserem Auto liegt und
an dem wir morgen das Boot wieder übergeben werden.
Wir schließen wieder den Landstrom an und setzen uns erst dann in Ruhe zum Frühstück.
Um 09:00 Uhr starten wir unser Auto und fahren entlang der Vecht nach Utrecht, dessen
Besichtigung wir uns doch nicht ganz entgehen lassen wollen. Über unser GPS-Gerät
finden wir zum Parkhaus Pardenveld, das am Sonntagmorgen noch ziemlich leer ist
und stellen dort unser Auto ab.
Nur ein paar Schritte davon entfernt stoßen wir
schon auf die Oude Gracht, die origineller Weise zweistöckig errichtet wurde:
im unteren Geschoß der Steinkai mit Uferweg und Keller- und Werkstättengewölben,
im oberen Geschoß Uferstraße und Häuser. Am Sonntagmorgen ist auch hier noch
nichts los und wir gehen der Oude Gracht entlang ins Stadtzentrum.
Hier macht die Gracht ein paar heftige Kurven und wenn man sich die engen Rundbogenbrücken
ansieht, versteht man die Sorge von Locaboat um die Unversehrtheit ihrer Boote.
Sehr interessant ist auch der Dom mit seinem allein stehenden hohen Glockenturm,
der früher mit dem Kirchenschiff verbunden war, welches jedoch bei einem Orkan
teilweise eingestürzt ist. Das Innere des Doms können wir leider nicht
besuchen, weil gerade die Sonntagsmesse stattfindet und uns der Türwächter
nicht einlässt. Aber gleich nebenan liegt das Universitätsviertel, dessen alte
Gebäude hoch interessant anzuschauen sind.
Langsam geht es gegen 12:00 Uhr, und zu unserem Erstaunen beginnen die Geschäfte
aufzusperren. Von einer Minute auf die andere beginnt die Stadt zu erwachen.
Geschäfte und Lokale füllen sich mit ungeahntem Tempo.
In der unteren Etage der Oude Gracht eröffnen die verschiedensten Lokale und auch in der oberen
Etage herrscht Vollbetrieb. Um 12:30 Uhr erspähen wir unten ein griechisches
Lokal und erwischen noch einen Platz direkt am Uferkai. Wir lassen uns das Essen
schmecken und kommen aus dem Schauen nicht heraus: Ausflugsboote, Hausboote,
Tretboote, Gondeln …
Um 14:30 Uhr verlassen wir das Parkhaus nach Entrichtung von EUR 10,- und wählen für die Rückfahrt den Weg über Hilversum und Loosdrecht, der uns über den Damm des Loosdrechter Plassens wieder zur Locaboat-Basis zurückführt. Wieder an Bord nutzen wir die letzten Sonnenstunden an Deck. Dann aber geht’s langsam ans Einpacken. Bei den letzten Sonnenstrahlen holen wir unsere österreichische Fahne nieder und begießen das glückliche Ende unserer Reise mit einem Gläschen Sekt. Reste essen an Bord.
Tagesleistung |
|
Strecke: |
Basis Loosdrecht |
Fahrkilometer: |
0 |
Brücken / Schleusen: |
|
Kosten: | |
Reine Fahrzeit: |
|
Hier enden die Eintragungen unseres Bordbuches....
Die Rückgabe am nächsten Morgen geht eher bedeutungslos vor sich. Wir haben ja
All-Inclusive gebucht, damit war keiner der Angestellten mehr an uns interessiert.
Mannschaft:
Aufgrund der langen gemeinsamen Erfahrungen war der Ausfall von Elisabeth und Franz nicht
einfach zu verkraften. Trotzdem haben sich Andrea und Claus
in dieser für sie neuen Umgebung bestens eingelebt und wir bedanken uns bei
ihnen für ihr Engagement!
Wetter:
Vom Wetter waren wir leider nicht verwöhnt. Schlechtwettereinbruch bei Reiseantritt, das
sich dann allerdings sukzessive verbesserte. Die letzten beiden Tage waren sogar
sonnig und zeitweise für kurze Hosen geeignet.
Locaboat-Basis Loosdrecht:
Von der Betreuung an der Basis waren wir nicht besonders begeistert. Hauptaugenmerk
scheint auf dem Verkauf des All-Inclusive-Paketes zu liegen, danach ist das
Interesse deutlich abgeflaut. Die Einschulung war minimalistisch und alle
Aussagen nur darauf ausgerichtet jeglichen Reparaturaufwand zu vermeiden. Die
touristische Informationsmappe ist zum Vergessen.
Die von mir aufgezeigten kleinen, aber lästigen Mängel am Boot wurden mit dem Hinweis
ignoriert, die Boote könnten nur einmal pro Saison überholt werden. Trotz
meines Ersuchens wurde beim Auschecken kein Techniker mehr an Bord geschickt um
die Mängel zu besprechen.
Pénichette 1165FB:
Die Pénichette „Marken“ war mit einem Bugstrahlruder ausgerüstet, was der
Himmel auf Erden ist, für mich aber eine neue Erfahrung darstellte. Kunststücke,
wie rückwärts einparken, wurden von mir in Bälde beherrscht. Interessant war
auch eine neue WC-Spülung, die kein händisches Pumpen mehr erfordert, sondern
automatisch funktioniert. Allerdings verwendet das System den Trinkwasservorrat,
von dem bei jedem Spülgang etwa 5 Liter den Bach runtergehen.
Das Boot war prinzipiell technisch in Ordnung, der Ausstattungszustand aber nicht unseren
Vorstellungen entsprechend. Laut „Typenschein“ wurde das Boot 1997 als
1160FB gebaut und erst später auf 1165FB umgerüstet. Offenbar stammt ein Großteil
der Einrichtung noch von der Ursprungsversion.
Fahrräder:
Die gemieteten Fahrräder waren ausgezeichnet, mit Dreigangschaltung und Vollgummibereifung.
Bootsrevier Südholland:
Das Bootsrevier ist ziemlich weitläufig, man muss es jedoch mit einer Vielzahl
von Partnern teilen: einerseits mit den Berufsschiffern, deren große Pötte
einem immer wieder über den Weg laufen, andererseits mit den Einheimischen, von
denen sicher jeder irgendwo ein schwimmendes Gefährt liegen hat, mit dem er am
Wochenende ausfährt. Man lernt hier dreispurig zu fahren: außen die Langsamen
(Kutter, Ruderer), mittig die Yachten und innen der Berufsverkehr mit seinen großen
Pötten.
Haupthindernis sind hier nicht die Schleusen, sondern die vielen Brücken, die für die Durchfahrt angehoben werden müssen. Das Auslösen einer Brückenhebung erfolgt durch vielseitige technische Varianten:
Kameraüberwachung und Fernsteuerung
Klingelknopf
Telefonische Anmeldung
Signalhorn
In wenigen Fällen wird bei den Brücken eine Gebühr eingehoben, bei den Schleusen ist das meist der Fall.
Mit der Wasserversorgung hatten wir ein kleines Problem. Da öffentliche Wasserentnahmestellen nur sporadisch zu finden und in der Wasserkarte auch nicht eingetragen sind, wurde uns empfohlen, in einem der vielen Yachthäfen Wasser aufzufüllen. Da wir in 3 Yachthäfen (Weesp, Boskoop, Gouda) mit fadenscheinigen Gründen abgewimmelt wurden, hegen wir den Verdacht, dass einige der Yachthafenbetreiber zu Locaboat kein gutes Verhältnis haben. Wir haben daher auch unsere Nächte hauptsächlich in so genannten Passantenhäfen verbracht, wo es zwar meist keine Infrastruktur gibt, die Gemeinden aber trotzdem eine Liegegebühr einheben.
Unangenehm war auch das Verbot von Locaboat mit Booten der Type „Flying Bridge“ die Oude Gracht in Utrecht zu passieren. Nach einem Lokalaugenschein ohne Boot kann ich zwar nachvollziehen, dass bei den engen Rundbogenbrücken Schäden durch Fahrfehler nicht ausgeschlossen werden können, aber diese Beschränkung sollte in den Prospekten deutlich hervorgehoben werden, damit man notfalls eine andere Typenwahl treffen kann. Schließlich wäre die Durchfahrt durch Utrecht ein absolutes Highlight.
Auf der Rückreise fuhren
wir über Osnabrück und Hannover in den Harz und nächtigen in den
„Solehotels“ von Bad Harzburg. Ein Wellness-Besuch im dortigen Thermalbad
entschädigte uns für manche Spardusche an Bord. Am nächsten Tag besichtigten
wir das Besucherzentrum des Nationalparks Harz in Torfhaus und fuhren dann über
Erfurt nach Nürnberg, wo wir uns natürlich wieder im Gasthof „Rotes Ross“
zur Ruhe betteten. Der nächste Tag führte uns dann endgültig wieder zurück
in unsere Heimatstadt Wien.
Gesamtleistung |
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Urlaubsdauer
|
17 Tage
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PKW-Kilometer |
3211 |
Bootskilometer
|
190
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