Mit der Pénichette unter den Brücken von Süd-Holland
im Spätsommer 2010

10 Tage vom 27. August bis 6. September 2010

Boot: Locaboat Pénichette 1165FB
Abfahrtsbasis:
Loosdrecht

Dieser Urlaub erschütterte die Grundfesten der Landratten-Crew, denn Franz, einer der Gründungmitglieder dieser verschworenen Gemeinschaft war erkrankt und konnte die geplante Reise nicht mitmachen. Natürlich fiel auch Elisabeth, seine treu sorgende Ehegattin aus, und so wären wir fast ohne Mannschaft da gestanden,  hätten wir nicht ohnehin zufällig meine Tochter Andrea und Schwiegersohn Claus auf ein paar Tage als Gäste an Bord eingeladen. Die beiden quetschten nun ihren Urlaubsanspruch bis aufs Letzte aus und heuerten als „Jungratten“ für die ganze Rundfahrt an, die nur geringfügig verkürzt werden musste. Ihre An- und Rückreise erfolgte mit dem Flugzeug über Amsterdam.

So verließen meine Frau Regina und ich am 23. August diesmal allein unsere Heimatstadt Wien und fuhren mit dem Auto in einer ersten Etappe nach Heroldsberg bei Nürnberg, wo wir schon traditionell im Hotel-Gasthof „Rotes Ross“ übernachteten. Der nächste Tag führte uns über Frankfurt und Koblenz in die Deutsche Vulkan-Eifel, wo wir uns in Schalkenmehren, im Hotel Schneider am Maar, einquartierten. Auf der dritten Tages-Etappe tingelten wir über Daun und Gerolstein nach Trier, wo wir einen längeren Besichtigungshalt einlegten. Dann ging’s aber noch weiter über Luxemburg nach Bouillon in Süd-Belgien, wo wir im Hotel Cosy ein Zimmer bestellt hatten. Der nächste Tag war für eine Besichtigung dieser reizenden Stadt und ihrer riesigen Burganlage vorgesehen, außerdem machten wir einen Abstecher an die Maas, in die französischen Ardennen. Am nächsten Tag fuhren wir dann endlich strikt nach Norden und erreichten nach einem Abstecher in die Stadt Mechelen endlich die Locaboat-Basis in Loosdrecht, wo wir unser Boot übernehmen sollten.

Nähere Details zu unserem geplanten Besichtigungsprogramm finden Sie in unserem Kulturhandbuch.

Nachfolgend eine Zusammenfassung unseres Bordbuches:

Freitag, 27. August 2010
Nach einer mühsamen, durch heftige Regenfälle gekennzeichneten Fahrt erreichen wir die Basis Loosdrecht gegen 16:00 Uhr. Sie liegt im Recreatiecentrum Mijnden, einem weitläufigen Freizeitpark mit Blockhütten, Campingplatz und Yachthafen. Er ist mit einer Schrankenanlage abgesperrt, wir erhalten an der Einfahrt eine Parkkarte, die uns den Schranken während der Aufenthaltsdauer öffnet. Neben der Basis liegen das Restaurant „Het Drechthuis“, ein „Spar“-Supermarkt, bei dem auch die vorbestellten Lebensmittel abgeholt werden können, sowie diverse Sanitäranlagen. Der Parkplatz befindet sich direkt neben den Boots-Liegeplätzen.
Die Dame im Büro versucht mir die Vorteile des All-Inclusive-Paketes schmackhaft zu machen, was ich - angesichts der sonst gesondert verrechneten Heiz-Betriebsstunden an Bord - auch abschließe. Denn das Wetter ist scheußlich und die Jungratten temperaturmäßig noch nicht so abgehärtet. Wir beziehen das Boot und warten auf die Mannschaft, die sich noch irgendwo in Amsterdam herumtreibt. 

Regina kommt das WC komisch vor: es hat nicht den gewohnten Pumphebel und somit kann man nicht hinunterlassen. Die Dame vom Büro kommt zufällig vorbei, kann dazu jedoch keine Aussage machen und verweist auf die Einschulung durch den Techniker. Dieser zeigt uns dann einen unscheinbaren Druckknopf auf der anderen Seite der Nasszelle, mit dem die Spülung automatisch ausgelöst wird. Allerdings bedient sie sich aus dem Trinkwasservorrat des Bootes, der sich bei jedem Drücken um gut 5 Liter verringert. Die weitere Einweisung durch den Techniker erfolgt kurz und schmerzlos, als er hört, dass ich schon öfter mit dem Boot gefahren bin. Da dieses aber erstmals mit einem Bugstrahlruder ausgerüstet ist, bestehe ich auf einer Probefahrt. Dabei erfahre ich noch interessante Details über die Gebräuche auf den stark befahrenen holländischen Gewässern und werde auch darüber belehrt, den Gashebel und das Bugstrahlruder nur sehr sparsam zu betätigen, weil ja der arme Techniker sonst wieder alles reparieren muss. Naja, im Prinzip richtig, aber es ist ja schließlich sein Job!

Gegen 18:00 Uhr erscheinen Andrea und Claus. Sie sind von der Bushaltestelle in Loenen die rund drei Kilometer mit den Rucksäcken zu Fuß marschiert – tapfer! Nun richten wir uns am Boot ein. Durch die überzählige Kabine haben wir ein bisschen Stauraum gewonnen. Das Beziehen der Betten macht anfangs Probleme, weil Andrea in der Heckkabine Decken hat, die nicht zu den Bezügen passen, aber wir können sie zum Glück gegen die Decken in der unbelegten Kabine tauschen. Auch die frischen Leintücher sind nicht das Gelbe vom Ei und weisen teilweise münzgroße Löcher auf. Aber die Basis hat schon geschlossen und wir wollen uns die Urlaubslaune nicht verderben lassen.

Wir gehen zum Abendessen ins Restaurant „Het Drechthuis“, das sehr nett am Wasser liegt und eine große Speisenauswahl mit Riesenportionen hat. Nur mit der holländischen Küche habe ich so meine Probleme…

Tagesleistung

 

Strecke:

Basis Loosdrecht

Fahrkilometer:

0

Brücken / Schleusen:

 

Kosten:  

Reine Fahrzeit:

 

Samstag, 28. August 2010
Der nächste Morgen erwartet uns mit leichtem Regen und einer Temperatur von 12 Grad. Wir starten gegen 09:00 Uhr und sind 20 Minuten später bereits in der Schleuse von Mijnden, die die Aufgabe hat, das weitläufige Wassersportgebiet „Loosdrechter Plassen“ vom Fluss Vecht zu trennen. Die Sonne kommt heraus, es herrscht viel Betrieb und wir werden für die Durchfahrt um EUR 4,50 erleichtert. Gleich nach der Ausfahrt halten wir uns rechts und folgen der Vecht Richtung Norden.
Wir durchqueren das Städtchen Loenen und finden kurz hinter Overmeer einen üppigen Anleger im Grünen, der uns zu einer Pause einlädt. Wir taufen unsere Pénichette, die bei Locaboat den Namen „Marken“ führt, nach alter Sitte auf den Namen unseres Heimatbezirkes Brigittenau und geben ihm den Doppelnamen „Brigittenau-Marken“. Nach dem üppigen Sektgelage mit 2 Piccolo-Fläschchen überkommt uns aber der Hunger und wir zaubern aus der schnellen Küche Spaghetti auf den Tisch, die wir wegen des Sonnenscheins natürlich am Oberdeck konsumieren. Der Teller ist aber noch nicht leer, als es plötzlich schwarz wird und ein fürchterliches Gewitter mit Hagel uns einen Stock tiefer vertreibt.
Auf der Weiterfahrt halten wir uns bei Nigtevecht scharf rechts und erreichen über Uitermeer die Stadt Weesp, unser geplantes Tagesziel. Dort lässt man uns endlos lange vor der geschlossenen Brücke warten, denn in der Stadt wird offensichtlich ein großes Fest gefeiert. Da wir nur an eingerammten Pfählen festmachen konnten, die keinen Landzugang erlauben, fahre ich etwa 100 Meter zurück und versuche im dortigen Yachthafen einen Liegeplatz zu finden. Das gelingt auch, aber der Hafenmeister lässt uns nicht übernachten, weil er angeblich den Platz zum Tanken freihalten muss. (Später sehen wir aber, dass dort sehr wohl andere Yachten akzeptiert wurden.)
Zum Glück geht jetzt aber die Brücke auf und wir kommen der Innenstadt einen Schritt näher. Damit erhöht sich aber auch der Lärmpegel: von zahlreichen Bühnen dröhnt Musik, auf dem Wasser fahren kostümierte Landsknechte und feuern ihre Kanone ab, im Rahmen des Kinderprogrammes findet eine Mini-Segelregatta am Kanal statt. Vorsichtig taste ich mich an allen Hindernissen vorbei und komme zur nächsten Brücke, die von Schaulustigen völlig verstellt ist. Aber der Brückenwärter verscheucht sie alle und öffnet für uns die Durchfahrt, die uns ins Herz der Altstadt führt. Aber da komme ich erst vom Regen in die Traufe, denn im Hafenbecken findet ein Rennen der Modellboote statt, die mir von rechts und links um die Ohren flitzen. Erst nach der nächsten Brücke lässt das Jahrmarktgetöse etwas nach und wir suchen einen Liegeplatz in angenehmer Distanz zu den Feierlichkeiten. Ich finde auch bald einen zwar etwas klein dimensionierten Raum zwischen zwei anderen Booten, aber mit Hilfe des neuen Bugstrahlruders gelingt der Trick des Rückwärtseinparkens und wir sind mit uns sehr zufrieden.
Nach kurzem Durchatmen stürzen wir uns dann selbst ins Getümmel des „Schleusen- und Brückenfestes“ von Weesp und sind überwältigt von den Zuschauermassen und der Veranstaltungsvielfalt in diesem kleinen Städtchen.
Das Abendessen holen wir uns von der umliegenden Gastronomie. Eine Dame der Stadtverwaltung erscheint und knöpft uns entsprechend den Laufmetern unseres Bootes EUR 9,60 ab - Musikbeitrag inclusive. Nach dem Verebben des Gejohles beim Auftritt der männlichen Unterhosenmodels begeben wir uns zur Ruhe, die Musikdarbietungen verfolgen uns aber noch bis in den Schlaf.



Tagesleistung

 

Strecke:

Basis Loosdrecht – Loenen – Uitermeer - Weesp

Fahrkilometer:

22

Brücken / Schleusen:

8

Kosten: Brücken / Schleusen: EUR 8,50  Liegegebühren: EUR 9,60

Reine Fahrzeit:

etwa 4 Stunden


Sonntag, 29. August 2010
Nach dem ausgelassenen Fest des Vortages liegt die Stadt noch in Agonie, nur einige Straßenkehrer sind unterwegs. Es regnet leicht, wir legen um 09:00 Uhr ab und stehen nach wenigen Metern schon vor der nächsten Brücke. Sie wird auch alsbald geöffnet, aber es strömen so viele Boote herein, dass sich schon ein Rückstau von der nächsten Brücke bildet. Der Brückenwärter, der für beide Brücken zuständig ist, lässt uns gar nicht mehr passieren, sondern löst zuerst seinen Stau auf und wir haben noch etwas Zeit zum Erwachen…
Unsere nächste Aufgabe ist die Überquerung des Amsterdam-Rijn-Kanals, einer breiten Wasserstraße für die Großschifffahrt. Bei der Einschulung wurde ich darauf hingewiesen, bei der Einfahrt zunächst nach rechts abzubiegen, den Verkehr in beiden Richtungen genau zu beobachten und erst dann in einem Bogen auf die andere Kanalseite zu wechseln und schließlich wiederum rechts abbiegend, den Kanal zu verlassen. An sich eine gute Technik, denn die großen Pötte haben oft ein Tempo drauf, das man als Laie nicht so schnell einschätzen kann. Aber an diesem grauen Sonntagmorgen sind auch die Flussschiffer noch nicht munter.

Der gegenüberliegende Wasserweg, den wir bei Driemond erreichen, führt uns sehr bald durch die südlichen Vororte von Amsterdam und kann außer dem beständigen Regen keine besonderen Höhepunkte aufweisen. Wir erreichen schließlich den Fluss Amstel, vermeiden aber die Weiterfahrt ins Zentrum von Amsterdam, sondern halten uns südlich, unterqueren einige Autobahnen und erreichen gegen 12:00 Uhr schließlich das Städtchen Ouderkerk an der Amstel, wo wir einen Zwischenhalt einlegen und uns ein Mittagsmahl zubereiten. Am Boden der Küche bildet sich häufig eine Wasserlacke, deren Ursprung wir nicht nachvollziehen konnten. Nun aber erkennen wir, dass eine Dichtung der gläsernen Abzugsklappe in der Küchendecke defekt ist.


Plötzlich eine Regenpause! Wir lassen alles stehen und machen einen Landgang. Gleich nebenan entdecken wir eine Personenfähre, die durchaus fürs Museum geeignet wäre. Sie wird von einem Mann und einer Frau bedient, die mit einem Klemmholz die Fähre am Seil über den Fluss ziehen. Und das für 50 Cent pro Person! Wir besuchen das Gräberfeld des portugiesisch-jüdischen Friedhofs Beth Haim aus dem 17. Jahrhundert, machen eine kleine Runde durch die Stadt und das war’s dann schon, weil es wieder zu regnen beginnt.

Gegen 15:00 Uhr legen wir wieder ab und sind eine gute Stunde später bereits in Uithoorn, unserem geplanten Tagesziel. Den dortigen Liegeplätzen können wir aber gar nichts abgewinnen und so beschließen wir, bis zur Abzweigung der Krommen Mijdrecht weiter zu fahren und uns dort ein Plätzchen im Grünen für die Nacht zu suchen. Wenige Meter nach der Abzweigung finden wir im Bett der Amstel einen mit Pollern bestückten Liegeplatz unter einem Baum und kommen ein wenig zur Ruhe.
Dann aber treibt uns der Tatendrang zu einem nahe gelegenen Müllcontainer und dahinter finden wir eine Hinweistafel auf das „Fort an der Drecht“, einem Bauwerk auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes, das sich ganz in der Nähe befinden muss. Claus schnappt sich ein Rad, folgt der kleinen Nebenstraße und findet nach wenigen hundert Metern eine Wasserfestung, die am Ende des 19. Jahrhunderts als Teil eines Befestigungsringes rund um Amsterdam errichtet wurde (Stellung von Amsterdam). Heute wird das Areal von einer Künstlerkolonie genutzt.

In der Nacht werden wir durch heftige Regenfälle wach gehalten, die auf das Kabinendach trommeln. Auch ein ordentlicher Sturm, der immer wieder Äste vom Baum schüttelt, trägt dazu bei, dass Regina nicht schlafen kann. Und wenn man nicht schlafen kann, denkt man z.B. darüber nach, ob wir angesichts des steigenden Wasserspiegels nicht die Leinen zu kurz gehalten haben. Und wenn man nicht schlafen kann, fragt man seinen Ehemann, was der von diesem Problem hält. Und wenn der Ehemann genug hat, dann geht er in Pyjama und Schlapfen in den Regen hinaus und macht die Leinen lockerer. Dass das Boot dann im Sturm herum bockt, stört keinen, weil man ohnehin nicht schlafen kann…



Tagesleistung

 

Strecke:

Weesp – Driemond –  Amsterdam – Ouderkerk - Uithoorn

Fahrkilometer:

29

Brücken / Schleusen:

8

Kosten: 0

Reine Fahrzeit:

etwa 4 Stunden 30 Minuten

Montag, 30. August 2010
Nach kurzer Nachtruhe werden wir in der Früh von zaghaften Sonnenstrahlen geweckt. Es hat 15 Grad und der Wind weht immer noch ganz heftig. Schwarze Wolken und Sonnenlöcher wechseln blitzartig. Das Boot sieht an Deck schrecklich aus und ist über und über mit Ästen, Blättern und Samenkapseln bedeckt. Wir befördern alles über Bord und bedanken uns auch für den kurzen Regenguss, der schließlich alles wieder sauber spült. Natürlich hat es auch wieder durch die Küchenluke geregnet und ich löse das Problem provisorisch, indem ich von außen die defekte Dichtung mit Klebeband aus dem eigenen Werkzeugköfferchen abklebe.
Gegen 09:15 Uhr legen wir ab und fahren nun wirklich in die Kromme Mijdrecht ein. Das ist ein deutlich schmälerer Wasserweg, der uns in südlicher Richtung durch ein Naturschutzgebiet ohne größere Ansiedlungen führt. Rechts und links des Flusses liegt das Land tiefer und ist von endlosen Entwässerungskanälen in einzelne Grünstreifen geteilt, auf denen häufig Rinder und Schafe weiden.

Hinter dem Örtchen Zomerlust laufen wir auf einen großen Lastkahn auf, der in diesem engen Gewässer natürlich im Schneckentempo vor uns hinfährt. Das Hinterherfahren ist sehr zermürbend und so machen wir bei der erstbesten Gelegenheit einen Zwischenhalt um ein bisschen Abstand zu gewinnen.
Hier gibt’s natürlich keine ausgebauten Anlegestellen und so lernen unsere Jungratten bei dieser Gelegenheit, wie man ein Boot mit Hammer und Nagel befestigt. Da wir nicht wissen, wie schnell der große Pott vorankommt, schwingt sich Claus aufs Rad und fährt auf Erkundung. Er bringt die frohe Botschaft, dass das Schiff nur bis zum nächsten Ort gefahren ist und dort vor einem Fabrikgebäude festgemacht hat. Also dann los, bevor er sich’s wieder anders überlegt! Wir legen ab, passieren das Schiff und fahren bei Woerdense Verlaat durch eine kleine Schleuse, die uns auf den noch engeren Wasserweg des Flusses Grecht führt. Hier hätte das große Schiff gar nicht weiter fahren können. Wieder durchqueren wir eine idyllische Landschaft und erreichen schließlich den Stadtrand von Woerden. Hier suchen wir den Yachthafen De Grecht, der uns zum Wasser tanken empfohlen wurde. Er liegt wirklich ganz ideal: wir müssen nur links zufahren und liegen schon vor der Wasserentnahmestelle. Diese ist mit einem Automaten ausgestattet, der gegen Einwurf von 50 Cent angeblich 100 Liter Wasser ausspuckt. Wir investieren 2 Euro, bis das Wasser überläuft, und sollten somit also 400 Liter getankt haben. Da der gesamte Wassertank ein Fassungsvermögen von 700 Litern hat, können wir uns nun ausrechnen, ob wir weiterhin so häufig die Klo-Spülung bedienen dürfen…

Wenige Meter danach passieren wir eine Brücke und erreichen den Oude Rijn, dem wir nach links, in das Zentrum von Woerden, folgen. Hier fährt man direkt durch die Vorgärten der Anwohner. Nach zwei weiteren Brücken, die alle vom selben Brückenwärter bedient werden, kommen wir schließlich in den Wassergraben der befestigten Stadt, der mit Liegeplätzen ausgestattet, aber schon gut gefüllt ist.
Wir finden schließlich eine Liegemöglichkeit an einer ruhigen Nebenstraße, unter großen Platanen. Es gibt zwar keine Poller, aber wir nehmen zuerst provisorisch die Bäume zum Festmachen und wechseln dann in Ruhe auf die Nageltechnik. Mit der Nachbarschaft haben wir guten Blickkontakt, weil die Holländer ja keine Vorhänge verwenden, nur ihre Hundehaltung bereitet uns Sorgen, weil sie den Grünstreifen am Wasser für die Verdauungsspaziergänge ihrer Lieblinge verwenden und wir beim Landgang andauern in ihre Hinterlassenschaften treten.

Wir machen einen Rundgang durch die Stadt, der wieder durch einen Regenschauer unterbrochen wird und füllen schließlich unsere Lebensmittel bei einem Einkauf in der Supermarkt-Kette Albert Heijn wieder auf. Abendessen an Bord. Nach Einbruch der Dunkelheit machen Andrea und Claus noch einen Bummel durch die Stadt.

Mit Andrea ist in den letzten Tagen eine wundersame Veränderung passiert: ihr sind plötzlich Seemannsbeine gewachsen! Auf einmal erinnert sie sich an einen Segelkurs, den sie in ihrer Kinderzeit besucht hat, packt interessante Knotentechniken aus, wechselt mit ihrer Mutter den Job an der Vor- zur Heckleine und erklärt ihrem Ehemann ganz allgemein, wo beim Boot vorne und hinten ist. Kurzum: sie ist zum Vollmatrosen avanciert!



Tagesleistung

 

Strecke:

Uithoorn - Zomerlust - Woerden

Fahrkilometer:

21

Brücken / Schleusen:

7

Kosten: Brücken / Schleusen: EUR 1,50

Reine Fahrzeit:

etwa 4 Stunden

Dienstag, 31. August 2010
Der neue Tag überrascht uns mit Sonne. Es ist windstill, hat 15 Grad und das Deck ist erstmals staubtrocken. Claus versucht zum Frühstück frisches Gebäck aufzutreiben, aber seltsamerweise sperren in Holland die Bäckereien nicht vor 09:00 Uhr auf. Die Erstlieferung an den Supermarkt wird daher von ihm konfisziert! Nun zeigt sich auch ein Herr von der Stadtverwaltung, der die Liegegebühr für unser Boot kassieren kommt. Da Claus ein bisschen die holländische Sprache beherrscht, erfährt er von ihm die Telefonnummer, unter der man die gewünschte Brückenpassage anmelden kann, denn der Brückenwärter muss dazu erst mit dem Rad anreisen.

Gegen 09:30 geht schließlich die Brücke auf und wir können loslegen. Wir fahren Richtung Westen, zunächst wieder auf dem gleichen Weg aus der Stadt, dann weiter auf dem Oude Rijn durch einige nette kleinere Orte. Wir erreichen Bodegraven, wo wir eine Schleuse passieren. Danach wird die Umgebung mehr von Industrieanlagen geprägt und wir treffen schließlich auf eine Wasserstraßenkreuzung, auf der rechts der Aarkanal nach Amsterdam und links die Gouwe nach Gouda führt. Wir aber fahren geradeaus auf dem Oude Rijn weiter und durchqueren die Stadt Alphen am Rijn, wobei wir die vielen modernen Wohnanlagen bestaunen, die direkt ans Wasser gebaut wurden. Gegen 13:00 Uhr machen wir an einem schönen Anleger in Alphen fest und nehmen einen Imbiss zu uns.
Gleich nebenan befindet sich ein kleines Café und Claus serviert uns von dort einen Bessen-Jenever, das ist eine Art Likör aus Beerenfrüchten, der mit Jenever (Holländischer Korn) angesetzt wird. Gut gekühlt ein köstliches Getränk! Diese Stärkung können wir auch gut gebrauchen, denn gerade haben wir vor unserer Nase den Begegnungsverkehr von zwei großen Pötten in einer Flussbiegung. Da schluckt man schon ein bisschen!

Um etwa 14:00 Uhr machen wir uns wieder auf den Weg und erreichen schon bald die Abzweigung, die uns Richtung Norden führen soll. Hier haben wir vollen Gegenwind und müssen schauen, dass wir von der Stelle kommen. Bis zum Ort Woubrugge ist die Gegend ziemlich uninteressant und industriell geprägt.
Dann aber sieht man die ersten Ausläufer des Braassemermeeres, wo sich ein bedeutendes Wassersportzentrum etabliert hat. Wir überqueren den See in der vorgesehenen Fahrrinne, zwischen roten und grünen Tonnen, und erreichen nach einer guten halben Stunde die Ausfahrt beim Ort Oude Wetering. An diesem lang gezogenen Kai gibt es unendlich viele Liegeplätze. Wir suchen uns den vor der Kirche aus, wo uns eine Gehsteigvorziehung mit Parkbank von der ohnehin nicht stark befahrenen Uferstraße trennt.
Wir genießen die Sonne an Deck und machen dann einen Bummel zurück bis zum Seeeinlauf. Bei dieser Gelegenheit entdecken wir ein Geschäft mit einer großen Auswahl an Bessen-Jenevers, wo wir uns mit ein paar Flaschen eindecken. Mehr gibt’s in diesem Örtchen nicht zu sehen! Abendessen an Bord, anschließen eine Runde UNO.



Tagesleistung

 

Strecke:

Woerden – Bodegraven – Alphen – Woubrugge – Oude Wetering

Fahrkilometer:

31

Brücken / Schleusen:

9

Kosten: Brücken / Schleusen: EUR 3,50  Liegegebühren: EUR 8,25

Reine Fahrzeit:

etwa 5 Stunden


Mittwoch, 1. September 2010

Heute früh ist es heiter bis wolkig bei 16 Grad. Wir legen um 09:15 Uhr ab, fahren aber nur ein paar hundert Meter bis zu dem Schnapsgeschäft, wo wir gestern den Jenever gekauft haben. Der war nämlich aus Himbeeren gefertigt und uns ein wenig zu süß. Claus kauft eine andere Flasche, von der man wiederum nicht weiß, was drin ist – das ist eben Rätselraten auf Holländisch. Aber vor der Verkostung muss er erst einmal ins Eis!

Das Braassemermeer ist heute völlig glatt und wir halten uns auch gar nicht mehr an die Fahrrinne, sondern tingeln gemütlich über den See. Dann fahren wir auf den schon bekannten Wegen durch die Stadt Alphen bis zur großen Wasserstraßenkreuzung, wo wir nun nach Süden abbiegen. Hier ist es nicht sehr einladend: industrielle Umgebung, viele große Lastschiffe und riesige Hebebrücken, die bis zu 34 Metern Durchfahrtshöhe angehoben werden können. Da ich gerne wieder einmal Wasser getankt hätte, versuchen wir beim Yachthafen Boskoop unser Glück, aber wir werden bei der ersten Brücke gleich mit der Auskunft abgewimmelt, dass die Wasserleitung in Reparatur sei. Also ziehen wir weiter und machen gegen 12:00 Uhr beim Anleger in Waddinxveen für einen Mittagshalt fest.

Um 13:00 Uhr legen wir wieder ab und wollen die daneben liegende Riesen-Hebebrücke passieren, da sehe ich einen großen Pott heranrauschen. Eingedenk aller Schulungsmaßnahmen lasse ich ihm natürlich den Vortritt und hänge mich hinter ihm bei der Durchfahrt an. Kommt doch der Brückenwärter aus seinem Häuschen heraus und schimpft uns irgendwas Unfreundliches hinterher! Zum Glück hab ich’s nicht verstanden und Claus meint, es wäre auch besser so…

Nach ein paar großen Eisenbahnbrücken zweigt dann links die Nieuwe Gouwe ab, die ins Zentrum von Gouda führt. Hier ist wieder ein Yachthafen angekündigt, bei dem wir versuchen zu Wasser zu kommen. Er liegt in einem ganz engen Kanal, in der Krommen Gouwe. Wir kommen auch tatsächlich bis zum Wasserhahn, aber dann erscheint ein mürrischer Hafenmeister, der uns unfreundlich mustert und dann erklärt, dass wir kein Wasser bekommen können. Claus versucht ihn auf Holländisch zu überreden, aber er meint sinngemäß nur, wir sollen uns von hinnen nach dannen heben. Aber so leicht ist das in dem engen Gewässer gar nicht: ich muss erst ein Stück rückwärts fahren und dann eine Punktwendung hinlegen. Es lebe das Bugstrahlruder!!
Das dritte Erlebnis mit unwilligen Yachthäfen lässt uns ein bisschen nachdenklich werden, was denn diesen Unmut ausgelöst hat und wir vermuten Vorbehalte gegen Hausbootfahrer im Allgemeinen oder Locaboat im Speziellen. Aber was ärgere ich mich über die Yachthäfen, jetzt wollen wir erst einmal Gouda erleben! 
Wir kommen zu einer Schleuse, wo wir vom Schleusenwärter mit einem Stadtplan versorgt werden. Gleich danach gibt’s eine Brücke und noch eine Brücke und dabei verliere ich irgendwie den Überblick und biege in den falschen Kanal ab, denn Hinweisschilder sind hier ein Fremdwort. Aber mir kommt der Weg ohnehin komisch vor. Der freundliche Brückenwärter holt mich wieder auf den Pfad der Tugend zurück und verweist mich in die Turfsingelgracht, wo Hausboote anscheinend zu parken haben. Dort ist aber alles belegt: Boot um Boot am linken und rechten Ufer. Da sehen wir jenseits der Guldenbrug viel freien Platz, passieren die Brücke und machen dort fest.
Hier haben wir einen herrlichen Ausblick auf eine Windmühle und freuen uns über einige historische Schiffe in unserer Nähe.
Lange dauert die Freude allerdings nicht, denn der Brückenwärter kommt angeradelt und klärt uns darüber auf, dass wir hier im Museumshafen liegen. Zwar sind hier auch Gäste mit Oldtimer-Schiffen gerne gesehen, aber so alt sieht unser Boot nun auch wieder nicht aus. Da helfen auch die Löcher in den Leintüchern und Dichtungen nicht. Wir müssen wieder zurück verlegen und zum Trost weist uns der Brückenwärter einen Liegeplatz direkt neben einer Wasserentnahmestelle zu. Der Platz ist zwar recht klein dimensioniert: hinter uns eine Yacht, vor uns ein breitrumpfiger Holzkahn. Aber die neue Technik des Rückwärtseinparkens führt auch hier zum Erfolg. Obwohl die verschiedenen Bootseigner schon aufgeregt herumlaufen, komme ich ohne Feindberührung in meine Parklücke. Und die erste Tätigkeit besteht aus Wassertanken, bevor uns noch jemand auch von diesem Platz verscheuchen kann. Wir genehmigen uns ein Gläschen Bessen-Jenever und der neue schmeckt nach Ribisel - super!

Um 15:45 Uhr brechen wir zu einem Stadtrundgang auf und sind bald verzaubert von der Atmosphäre dieser Stadt mit den vielen kleinen Kanälen und Grachten. Rund um das Rathaus herrscht buntes Markttreiben. Wir besichtigen das Waaghaus, wo früher der Käse gewogen wurde und kommen vor Torschluss gerade noch in die Sankt-Johannes-Kirche, die mit ihren 123 Metern Länge die längste der Niederlande ist. Sie ist besonders für ihre herrlichen Glasfenster bekannt. Dann aber sind wir erschöpft und nehmen in einem Lokal am Marktplatz einen kleinen Imbiss. Danach noch ein paar Lebensmittelergänzungen und zurück zum Boot. Abendessen an Bord.
Andrea und Claus machen abends noch einen Stadtbummel, kommen aber bald wieder zurück, weil in den meisten Kneipen ein fürchterliches Gegröle herrscht, was ihnen die Laune verdirbt. Gegen 23:00 Uhr hat es immer noch 16 Grad.



Tagesleistung

 

Strecke:

Oude Wetering – Woubrugge – Alphen – Boskoop - Gouda

Fahrkilometer:

28

Brücken / Schleusen:

8

Kosten: 0

Reine Fahrzeit:

etwa 4 Stunden 10 Minuten

Donnerstag, 2. September 2010
Heute Morgen ist es bewölkt bei 15 Grad, es hat über Nacht also kaum abgekühlt. Bevor der Brückenwärter der Guldenbrug erstmals die Brücke öffnet, kommt er vorbei um die Liegegebühr für das Boot abzukassieren.
Er verrechnet EUR 8,80, die wir gerne berappen, weil wir in der Früh nochmals Wasser getankt haben und nun um 09:20 Uhr randvoll ablegen. Hinter dem Museumshafen stoßen wir auf die Mallegat-Schleuse, die uns auf das Niveau der Hollandse Ijssel hinauf hebt, die hier noch mitunter von den Gezeiten beeinflusst wird. Wir halten uns Richtung Osten und erreichen bald eine weitere Schleuse, die uns wieder auf Kanalniveau befördert. Hier ist es dann auch erst einmal vorbei mit der Großschifffahrt, wir passieren einige reizende, kleine Orte in einer freundlichen Landschaft und kommen gegen 12:00 Uhr schließlich nach Oudewater, wo wir zu einem Stadtrundgang festmachen. Wir besuchen das Hexenhaus, wo im Mittelalter Frauen, die der Hexerei beschuldigt waren, abgewogen wurden. Waren sie einigermaßen normalgewichtig, erhielten sie einen Freibrief.
Nur wenn sie untergewichtig waren, wurden sie weiter verfolgt, denn nach damaliger Logik hätten sie nur so auf einem Besen fliegen können. Wir haben jedenfalls unsere Damen abwiegen lassen und halten jetzt ein Zertifikat in Händen, welches besagt, dass wir nicht mit einer Hexe verheiratet sind.

Nach diesen Aufregungen wollen wir an einer fahrenden Fischbude einen kleinen Imbiss nehmen, aber als wir bestellen wollen, zieht der Chef den Stecker der Fritteuse und rüstet zum Aufbruch. Es ist wie verhext…

Nach der Rückkehr zum Boot nehmen wir noch eine kleine Stärkung. Wir wollen gegen 14:20 Uhr gerade ablegen, als sich eine Péniche mit australischer Fahne und 2-Mann-Besatzung vor uns einordnet und aufgrund der beengten Verhältnisse langsamst dahinfährt. Die Hexen verfolgen uns also weiter! Uns bleibt nichts anderes übrig als eine gute Stunde hinter dem Schiff herzufahren. Dann gelangen wir nach Montfoort, wo die Péniche anlegt. Ich bringe noch schnell eine Brücke zwischen uns, dann nehmen wir einen Liegeplatz, bevor die dahinter gestaute Meute auftaucht.

Wir machen einen Stadtrundgang, schauen uns die alte Burg an und geraten in einen Jahrmarkt mit Schießbuden, Autodrom und anderen Pratervergnügungen. Dann schlendern wir ein wenig durch die Einkaufsstraße und schauen nach Mitbringseln für die Daheimgebliebenen. Zurück zum Boot. Abendessen an Bord.


Tagesleistung

 

Strecke:

Gouda - Oudewater - Montfoort

Fahrkilometer:

20

Brücken / Schleusen:

8

Kosten: Brücken / Schleusen: EUR 8,40  Liegegebühren: EUR 8,80

Reine Fahrzeit:

etwa 4 Stunden

Freitag, 3. September 2010
Heute ist es wolkenlos bei 15 Grad. Wir legen schon um 08:40 Uhr ab um sicher zu sein, dass die australische Péniche hinter uns bleibt. Rund eine Stunde später erreichen wir die Stadt Ijsselstein, wo wir für einen Stadtrundgang festmachen. Die Stadt ist recht schön und einladend.
Sie hat eine Vielzahl von Geschäften und auf der Hauptstraße wird gerade ein Markt aufgebaut, der aber erst gegen Mittag öffnet. Nach Rückkehr zum Boot legen wir um 11:20 Uhr ab und biegen kurz danach rechtwinkelig in den Doorslag ein, einen schmalen Wasserweg, der uns wieder in nördliche Richtung führt. Wir passieren die Stadt Nieuwegein, die praktisch ein Vorort von Utrecht ist. Durch eine Schleuse gelangen wir zum Merwede-Kanal, der schon ein Stück breiter ist und auch Lastkähne wieder transportieren kann. Gegen 12:15 Uhr legen wir an einem netten Hafenkai an und nehmen einen kleinen Imbiss zu uns. Als wir eine Stunde später wieder ablegen wollen, zieht eine Stahlrumpf-Yacht das Interesse aller auf sich: ihr Motor knallt und raucht, und die Besatzung schaut ein wenig hilflos drein.
Die Brücke öffnet sich und da die Yacht offensichtlich nicht manövrierfähig ist, ziehe ich hinter ihr vorbei und wir passieren die Brücke. Andere Boote folgen uns. Knapp danach folgt schon die nächste Brücke, bei der wir uns wieder anstellen müssen. Als die Brücke aufgegangen ist, wird die Durchfahrt zunächst für den Gegenverkehr freigegeben. In der Zwischenzeit ist auch die defekte Yacht näher gekommen und wir hören plötzlich lautes Geschrei von deren Steuerstand. Die Bootsführerin fuchtelt mit den Händen und versucht klar zu machen, dass sie den Motor nicht stoppen kann. Also fährt sie mitten durch die aus- und einfahrenden Boote, die sich - so gut es geht - dünn machen, und nur durch ein Wunder gibt es keine Kollision. Durchatmen!

Die nächste Aufgabe, die uns bevorsteht, ist die Befahrung des Amsterdam-Rijn-Kanals, jener Schiffsautobahn, die für die Berufsschifffahrt gebaut wurde und wo wir Kleinen, mit unseren 11,60 Metern Länge, nicht wirklich etwas zu suchen haben. Zunächst werden wir mit einer Schleuse auf das Kanalniveau gebracht, dann queren wir mit dem berühmten U-Turn die Wasserstraße. Auf der anderen Seite führt der Merwede-Kanal weiter ins Zentrum von Utrecht, aber den können wir nicht benützen, da Locaboat für Boote der Type „Flying Bridge“ die Durchfahrt durch Utrecht über die dortige Oude Gracht wegen der niedrigen Rundbogenbrücken verboten hat.
Da es sonst keine andere Durchfahrtsmöglichkeit durch Utrecht gibt, müssen wir wohl oder übel die nächsten 10 Kilometer auf dem Amsterdam-Rijn-Kanal zurücklegen. Wir haben mal wieder Gegenwind, das Wasser ist rau und ruppig und wir kämpfen uns schön brav am rechten Ufer gegen Norden. Zum Glück ist der Schiffsverkehr nicht sehr üppig, die meisten Pötte kommen uns entgegen, schwer beladen und tief im Wasser liegend oder mit einer mehrstöckigen Container-Ladung. Die Gegend ist natürlich industriell geprägt, wir passieren mehrere riesige Brücken und finden nach rund einstündiger Fahrzeit rechts die kleine Ausfahrt ins Gelobte Land und befinden uns ab da wieder auf dem Fluss Vecht, auf dem wir ja unsere Rundreise begonnen haben. Gegen 15:40 Uhr machen wir im Ort Maarssen, unserem heutigen Tagesziel, vor einem Wasserschloss fest. Hier wird offensichtlich im Akkord geheiratet, denn zwei Ausflugsschiffe mit Hochzeitsgesellschaften fahren vorbei, eine weitere Hochzeit begegnet uns beim Stadtrundgang.
Wir kaufen noch ein paar Kleinigkeiten ein und kehren dann zum Boot zurück. Abendessen an Bord. In der schon schräg einfallenden Sonne bemerken wir, dass unser Boot in einem Ölsee schwimmt, der sich auf der Wasseroberfläche angesammelt hat. Um auszuschließen, dass wir selbst die Ursache sind, folgen wir der Ölspur flussaufwärts und werden auch dort fündig. Da der Brückenwärter nicht erreichbar ist, wählt Claus die Notrufnummer 112 und meldet das Problem. Man bedankt sich schön für seinen Anruf und verspricht jemanden vorbei zu schicken. Eine gute halbe Stunde später kommt ein Streifenwagen vorgefahren und der Polizist sieht sich die den Ölfilm an. Er hat zwar einige Firmen in Verdacht, kann aber zunächst auch nichts unternehmen. Bei dem geringen Gefälle legt das Wasser angeblich nur einen Kilometer in 12 Stunden zurück. Am späteren Abend haben wir nochmals Besuch von einer Amtsperson, die uns für den Liegeplatz EUR 6.- abknöpft.



Tagesleistung

 

Strecke:

Montfoort – Ijsselstein – Nieuwegein – Utrecht - Maarssen

Fahrkilometer:

28

Brücken / Schleusen:

8

Kosten: Liegegebühren: EUR 6,00

Reine Fahrzeit:

etwa 4 Stunden 20 Minuten


Samstag, 4. September 2010
Heute herrliches Wetter bei 14 Grad Morgentemperatur, Nebelschwaden liegen über dem Fluss. Wir legen um 09:00 Uhr ab, passieren einige sehenswerte Schlösser und sind eine gute halbe Stunde später schon in Breukelen. Wir machen einen kleinen Landgang der uns bei dem herrlichen Wetter bis ans Ufer des Amsterdam-Rijn-Kanals führt.
Dann geht’s wieder zurück zum Boot, wo wir um 11:00 ablegen, um den letzten Reiseabschnitt in Angriff zu nehmen. Auch hier wunderschöne Villen und Schlösschen, die interessanterweise fast immer einen Pavillon direkt am Flussufer haben. Beinahe hätten wir die Einfahrt zu Schleuse Mijnden übersehen, weil natürlich die einzige Hinweistafel klein und hinter Buschwerk versteckt ist. Dann aber warten wir an erster Position und trauen unseren Augen nicht, als hinter uns etwa 20 Boote mit einer Vielzahl von Kindern auftauchen, die ebenfalls an der Schleuse warten.
Bei der Einfahrt wird in die Schleuse alles hineingestopft, was schwimmt. Ein kleines dunkelhäutiges Mädchen aus dem neben uns liegenden Boot muss dringend aufs Klo und so lassen wir sie über unser Boot an Land klettern.
Der zuständige Betreuer plaudert mit Claus und erzählt ihm, dass es sich um schwerkranke Kinder handelt (Krebs, HIV, Leukämie etc.), mit denen sie einen Tagesausflug auf den Loosdrechter Plassen machen. Schrecklich – und doch wieder schön!

Wenige Minuten später sind wir zurück an der Basis und suchen uns einen abseits befindlichen Liegeplatz, da wir ja das Boot erst am Montag zurückgeben werden und die Arbeit an der Basis nicht behindern wollen. Dann ist Reste essen angesagt und wir genießen die herrliche Sonne an Deck. Erstmals in diesem Urlaub können die kurzen Hosen herausgekramt werden. Wir bringen den Mund vor Staunen nicht zu, da wir nicht glauben können, was für ein reges Treiben sich am Wasser vor unseren Augen abspielt. Jeder, der einen schwimmenden Untersatz sein Eigen nennt, scheint sich am heutigen Samstag auf dem Wasser aufzuhalten.

Gegen 16:00 Uhr nehmen Andrea und Claus Abschied vom Boot. Wir besteigen das Auto und bringen sie in einer guten halben Stunde zum Flughafen Amsterdam-Schiphol, wo ihr Flugzeug wartet, denn die Heimat ruft wieder.

Regina und ich aber kehren wieder an Bord zurück, schließen das Boot an die Landstromversorgung an und genießen den herrlichen Sonnenuntergang bei einem Gläschen Bessen-Jenever.


Tagesleistung

 

Strecke:

Maarssen – Breukelen - Mijnden - Basis Loosdrecht

Fahrkilometer:

11

Brücken / Schleusen:

3

Kosten: Brücken / Schleusen: EUR 5,50

Reine Fahrzeit:

etwa 2 Stunden

Sonntag, 5. September 2010
Auch heute Morgen strahlendes Wetter. Die Locaboat-Basis ist fast völlig leer, denn die meisten Boote haben gestern ihren Mieter gewechselt und sind bereits auf große Fahrt gegangen. Bevor noch die Schleuse öffnet und neue Interessenten kommen, ziehen wir unseren Stromanschluss ab, werfen den Motor an und verlegen die Brigittenau-Marken an einen Liegeplatz, der ganz nahe bei unserem Auto liegt und an dem wir morgen das Boot wieder übergeben werden.
Wir schließen wieder den Landstrom an und setzen uns erst dann in Ruhe zum Frühstück.
Um 09:00 Uhr starten wir unser Auto und fahren entlang der Vecht nach Utrecht, dessen Besichtigung wir uns doch nicht ganz entgehen lassen wollen. Über unser GPS-Gerät finden wir zum Parkhaus Pardenveld, das am Sonntagmorgen noch ziemlich leer ist und stellen dort unser Auto ab.
Nur ein paar Schritte davon entfernt stoßen wir schon auf die Oude Gracht, die origineller Weise zweistöckig errichtet wurde: im unteren Geschoß der Steinkai mit Uferweg und Keller- und Werkstättengewölben, im oberen Geschoß Uferstraße und Häuser. Am Sonntagmorgen ist auch hier noch nichts los und wir gehen der Oude Gracht entlang ins Stadtzentrum.
Hier macht die Gracht ein paar heftige Kurven und wenn man sich die engen Rundbogenbrücken ansieht, versteht man die Sorge von Locaboat um die Unversehrtheit ihrer Boote. Sehr interessant ist auch der Dom mit seinem allein stehenden hohen Glockenturm, der früher mit dem Kirchenschiff verbunden war, welches jedoch bei einem Orkan teilweise eingestürzt ist. Das Innere des Doms können wir leider nicht besuchen, weil gerade die Sonntagsmesse stattfindet und uns der Türwächter nicht einlässt. Aber gleich nebenan liegt das Universitätsviertel, dessen alte Gebäude hoch interessant anzuschauen sind.

Langsam geht es gegen 12:00 Uhr, und zu unserem Erstaunen beginnen die Geschäfte aufzusperren. Von einer Minute auf die andere beginnt die Stadt zu erwachen. Geschäfte und Lokale füllen sich mit ungeahntem Tempo.
In der unteren Etage der Oude Gracht eröffnen die verschiedensten Lokale und auch in der oberen Etage herrscht Vollbetrieb. Um 12:30 Uhr erspähen wir unten ein griechisches Lokal und erwischen noch einen Platz direkt am Uferkai. Wir lassen uns das Essen schmecken und kommen aus dem Schauen nicht heraus: Ausflugsboote, Hausboote, Tretboote, Gondeln …

Um 14:30 Uhr verlassen wir das Parkhaus nach Entrichtung von EUR 10,- und wählen für die Rückfahrt den Weg über Hilversum und Loosdrecht, der uns über den Damm des Loosdrechter Plassens wieder zur Locaboat-Basis zurückführt. Wieder an Bord nutzen wir die letzten Sonnenstunden an Deck. Dann aber geht’s langsam ans Einpacken. Bei den letzten Sonnenstrahlen holen wir unsere österreichische Fahne nieder und begießen das glückliche Ende unserer Reise mit einem Gläschen Sekt. Reste essen an Bord.



Tagesleistung

 

Strecke:

Basis Loosdrecht

Fahrkilometer:

0

Brücken / Schleusen:

 

Kosten:  

Reine Fahrzeit:

 


Hier enden die Eintragungen unseres Bordbuches....
Die Rückgabe am nächsten Morgen geht eher bedeutungslos vor sich. Wir haben ja All-Inclusive gebucht, damit war keiner der Angestellten mehr an uns interessiert.


Zeit für ein Kurzresümee:

Mannschaft:
Aufgrund der langen gemeinsamen Erfahrungen war der Ausfall von Elisabeth und Franz nicht einfach zu verkraften. Trotzdem haben sich Andrea und Claus in dieser für sie neuen Umgebung bestens eingelebt und wir bedanken uns bei ihnen für ihr Engagement!

Wetter:
Vom Wetter waren wir leider nicht verwöhnt. Schlechtwettereinbruch bei Reiseantritt, das sich dann allerdings sukzessive verbesserte. Die letzten beiden Tage waren sogar sonnig und zeitweise für kurze Hosen geeignet.

Locaboat-Basis Loosdrecht:
Von der Betreuung an der Basis waren wir nicht besonders begeistert. Hauptaugenmerk scheint auf dem Verkauf des All-Inclusive-Paketes zu liegen, danach ist das Interesse deutlich abgeflaut. Die Einschulung war minimalistisch und alle Aussagen nur darauf ausgerichtet jeglichen Reparaturaufwand zu vermeiden. Die touristische Informationsmappe ist zum Vergessen.
Die von mir aufgezeigten kleinen, aber lästigen Mängel am Boot wurden mit dem Hinweis ignoriert, die Boote könnten nur einmal pro Saison überholt werden. Trotz meines Ersuchens wurde beim Auschecken kein Techniker mehr an Bord geschickt um die Mängel zu besprechen.

Pénichette 1165FB:
Die Pénichette „Marken“ war mit einem Bugstrahlruder ausgerüstet, was der Himmel auf Erden ist, für mich aber eine neue Erfahrung darstellte. Kunststücke, wie rückwärts einparken, wurden von mir in Bälde beherrscht. Interessant war auch eine neue WC-Spülung, die kein händisches Pumpen mehr erfordert, sondern automatisch funktioniert. Allerdings verwendet das System den Trinkwasservorrat, von dem bei jedem Spülgang etwa 5 Liter den Bach runtergehen.
Das Boot war prinzipiell technisch in Ordnung, der Ausstattungszustand aber nicht unseren Vorstellungen entsprechend. Laut „Typenschein“ wurde das Boot 1997 als 1160FB gebaut und erst später auf 1165FB umgerüstet. Offenbar stammt ein Großteil der Einrichtung noch von der Ursprungsversion.

Fahrräder:
Die gemieteten Fahrräder waren ausgezeichnet, mit Dreigangschaltung und Vollgummibereifung.

Bootsrevier Südholland:
Das Bootsrevier ist ziemlich weitläufig, man muss es jedoch mit einer Vielzahl von Partnern teilen: einerseits mit den Berufsschiffern, deren große Pötte einem immer wieder über den Weg laufen, andererseits mit den Einheimischen, von denen sicher jeder irgendwo ein schwimmendes Gefährt liegen hat, mit dem er am Wochenende ausfährt. Man lernt hier dreispurig zu fahren: außen die Langsamen (Kutter, Ruderer), mittig die Yachten und innen der Berufsverkehr mit seinen großen Pötten.

Haupthindernis sind hier nicht die Schleusen, sondern die vielen Brücken, die für die Durchfahrt angehoben werden müssen. Das Auslösen einer Brückenhebung erfolgt durch vielseitige technische Varianten:

In wenigen Fällen wird bei den Brücken eine Gebühr eingehoben, bei den Schleusen ist das meist der Fall.

Mit der Wasserversorgung hatten wir ein kleines Problem. Da öffentliche Wasserentnahmestellen nur sporadisch zu finden und in der Wasserkarte auch nicht eingetragen sind, wurde uns empfohlen, in einem der vielen Yachthäfen Wasser aufzufüllen. Da wir in 3 Yachthäfen (Weesp, Boskoop, Gouda) mit fadenscheinigen Gründen abgewimmelt wurden, hegen wir den Verdacht, dass einige der Yachthafenbetreiber zu Locaboat kein gutes Verhältnis haben. Wir haben daher auch unsere Nächte hauptsächlich in so genannten Passantenhäfen verbracht, wo es zwar meist keine Infrastruktur gibt, die Gemeinden aber trotzdem eine Liegegebühr einheben.

Unangenehm war auch das Verbot von Locaboat mit Booten der Type „Flying Bridge“ die Oude Gracht in Utrecht zu passieren. Nach einem Lokalaugenschein ohne Boot kann ich zwar nachvollziehen, dass bei den engen Rundbogenbrücken Schäden durch Fahrfehler nicht ausgeschlossen werden können, aber diese Beschränkung sollte in den Prospekten deutlich hervorgehoben werden, damit man notfalls eine andere Typenwahl treffen kann. Schließlich wäre die Durchfahrt durch Utrecht ein absolutes Highlight.

Auf der Rückreise fuhren wir über Osnabrück und Hannover in den Harz und nächtigen in den „Solehotels“ von Bad Harzburg. Ein Wellness-Besuch im dortigen Thermalbad entschädigte uns für manche Spardusche an Bord. Am nächsten Tag besichtigten wir das Besucherzentrum des Nationalparks Harz in Torfhaus und fuhren dann über Erfurt nach Nürnberg, wo wir uns natürlich wieder im Gasthof „Rotes Ross“ zur Ruhe betteten. Der nächste Tag führte uns dann endgültig wieder zurück in unsere Heimatstadt Wien.
 

Gesamtleistung

 

Urlaubsdauer

an Bord
Rahmenprogramm

17 Tage

10 Tage
7 Tage

PKW-Kilometer

3211

Bootskilometer

Brücken / Schleusen

190

59

 

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