Sonntag, 4. Juni 2006 (Pfingsten)
Am nächsten Morgen ist es ziemlich
nebelig, dann reißt es auf und verspricht wieder ein herrlicher Tag zu werden.
Morgentemperatur 9°. In Glénac gibt es zwar keinen Bäcker, aber Franz findet
im Dorfwirtshaus ein Brotdepot, sodass wir auch am Sonntag frische Baguettes zum
Frühstück bekommen. Franz und ich machen noch einen kleinen Rundgang durch das
verschlafene Dorf, gegen 09:30 Uhr legen wir ab und fahren nach Redon. Bei unserer
Ankunft ist die Schleuse geschlossen und kein Wärter weit und breit. Wir machen
vor der Schleuse fest und schicken Franz auf Expedition. Die Schleusenwärterin
wohnt in einem einstöckigen Haus am Rande des Hafen-Platzes, erscheint schließlich
unter vielen Entschuldigungen und beginnt ihr Handwerk.
Um 11:00 Uhr fahren wir schließlich unter dem Gejohle einer großen Menschenmenge, die sich plötzlich
gebildet hat, durch die Schleuse. Wir finden den einzigen und letzten Platz am
Besucherponton und erklären dem Hafenmeister, dass wir nicht über Nacht
bleiben wollen. Dann brechen wir zu einer Stadtbesichtigung auf. Die alten
Schleusenanlagen der ehemaligen rechtwinkeligen Wasserstraßenkreuzung werden
heute nicht mehr benutzt, sind aber recht pittoresk. Die Altstadt von Redon ist
sehenswert, besonders die Abteikirche St.-Sauveur aus dem 12. Jahrhundert ist
ein Juwel. Wir haben das Glück eine Pfingstmesse mit Orgel und Chorgesang
mitzuerleben. Bei unserer Rückkehr zum Boot finden wir im Hafen ein paar Geschäfte
offen und ergänzen unsere Vorräte an flüssiger und fester Nahrung. Wir nehmen
noch einen kleinen Mittagsimbiss und legen kurz nach 14:00 Uhr wieder ab. Das
ist nicht ganz so einfach, da sich unser Liegeplatz ganz am Ende des Hafens
befindet und ich beim Losfahren vom heftigen Wind immer gegen die Hafenmauer
gedrückt werde. Aber schließlich geht’s irgendwie, wir verlassen den Hafen
und nehmen bei der Einmündung in die Vilaine Kurs Fluss aufwärts. Es ist sehr
heiß geworden und alle Bretonen sind an diesem herrlichen Pfingstwochenende
offensichtlich ans Wasser gefahren. Überall am Ufer sieht man ganze Groß-Familien
beim Picknicken und natürlich beim Fischen: denn kaum ist ein Franzose am
Wasser, zieht er sofort einen Wurm aus der Tasche und sein Angelzeug aus dem
Kofferraum. So ist es manchmal ein Spießrutenlauf, das Boot zwischen den
Fischern hindurchzusteuern, die meisten sind zwar nett, aber es gibt auch
andere…
Die Vilaine fließt hier breit und träge dahin und es gibt eine Vielzahl frisch
renovierter Anleger für 1-2 Boote und einen solchen suchen wir für die
kommende Nacht. Es sind aber auch deutlich mehr Bootsfahrer unterwegs und so
finden wir erst um etwa 16:00 Uhr bei Flusskilometer 74 einen freien Platz. Es
scheint dort eine Olympiade des örtlichen Fischereiverbandes zu geben. Das ist
ein ruhiger Sport, mit dem können wir gerade noch leben, als sich aber dann
auch noch der örtliche Jagdverband dazu gesellt und mit Tontauben-Schießen
beginnt, flüchten wir schließlich und finden 2 Kilometer weiter, bei
Brain-sur-Vilaine, um 17:30 Uhr ein ruhiges Plätzchen für die Nacht.
Abendessen an Bord, an Oberdeck ist es unerträglich heiß, so quetschen wir uns
an Vordeck zusammen, das bereits im Schatten liegt. Nach dem Essen bekommen wir
plötzlich Besuch von einer jungen Frau, die vom Betonkai zu unserem Anlegesteg
herunterkommt und sich wortlos vor unser Boot hinsetzt und mit den Füßen im
Wasser planscht. Als ich kurz darauf wieder hinsehe, liegt sie bereits am Steg
und scheint zu schlafen. Während ich noch überlege, was zu tun sei, sehe ich
am Ufer ein etwa 10jähriges Mädchen suchend herumgehen. Ich winke sie zu mir
und zeige ihr die schlafende Frau. Sie setzt sich zuerst neben sie, holt dann
aber Erwachsene, die die Frau über die Stiegen hinauf und offensichtlich nach Hause
führen. Problem gelöst! Doch als ich bei Beginn der Nachtruhe die Vordertüre
absperre, sitzt die junge Frau schon wieder da. Jetzt hab ich aber genug, mache
das Licht aus und gehe unter die Dusche. Aber ich habe die Kleider noch nicht
vom Leib, als mich Regina alarmiert: Hilferufe am Steg! Ich stürze hinaus und
sehe die Frau im Wasser und das kleine Mädchen, das sie mühsam an den Händen
hält. Schnell bin ich zur Stelle und bringe zwar den Oberkörper der Frau aus
dem Wasser, den nassen Rest schaffe ich aber nicht alleine. Zum Glück ist jetzt
auch Franz zur Stelle und gemeinsam ziehen wir sie aus dem Wasser. Die Kleine läuft
um Hilfe, Franz und ich führen die Frau sicherheitshalber einmal weg vom Wasser
und setzen sie auf eine Parkbank. Ich versuche sie anzusprechen und sie
antwortet sogar ein paar Brocken auf Deutsch. Nun kommen endlich ihre Verwandten
und kümmern sich weiter um sie. Ein Mann bedankt sich für unsere Hilfe und
gibt mir zu verstehen, dass es sich um eine Beziehungskrise handelt und die
Kleine ihre Tochter sei – armes, tapferes Mädchen! Wir versuchen es wieder
mit Schlafen, aber die junge Frau schreit jetzt ihren Schmerz so lautstark
hinaus, dass uns eine Gänsehaut über den Rücken läuft. Nach einer
halben Stunde überlege ich schon, mich nochmals einzumischen, aber dann höre
ich das erlösende Folgetonhorn der Ambulanz. Als das Zucken des
Blaulichtes am Kai endlich zu Ende und wieder Ruhe eingekehrt ist, ist an Schlaf
trotzdem nicht zu denken – wir sind alle viel zu aufgewühlt!
Tagesleistung |
|
Strecke: |
Glénac – Redon – Brain-sur-Vilaine |
Fahrkilometer: |
32 |
Schleusenkammern: |
2 |
Reine Fahrzeit: |
4 Stunden |
Montag,
5. Juni 2006 (Pfingsten)
Der Pfingstmontag erwartet uns
bereits mit Morgentemperaturen von 15° und verspricht wieder ein heißer Tag zu
werden. Um 9:15 Uhr legen wir ab und fahren weiter nordwärts. Man merkt, dass zu
den Pfingstfeiertagen mehr Hausboote unterwegs sind, als bisher: statt 0 bis 1
Boote kommen uns jetzt 4 bis 5 Boote pro Halbtag entgegen. Die Bootsbesatzungen
sind entweder Franzosen oder Engländer.
Abgesehen von der Flaggenführung kann
man die Engländer aber sofort unterscheiden: während die Männer gekleidet
sind, wie die britische Kolonialarmee in Tropenuniform, sehen die Damen aus, als
ob sie unterwegs nach Ascot wären und halten ihre breitkrempigen Hütchen auch
im ärgsten Sturm fest. Um 10:20 Uhr passieren wir die berühmte Brücke von
Port-de- Roche, die nach der Pariser Weltausstellung 1867, die von Napoleon III
und Eugénie eröffnet worden ist, hier wieder aufgebaut wurde. Wir machen am
dortigen Anleger fest und rüsten uns zu einem kombinierten Rad- und
Wanderausflug zum Nachbarort Langon. Regina hält Bordwache. Wir wollen die „Demoiselles“
besuchen, eine Gruppe von Megalithsteinen, welche der Sage nach eine Mädchenschar
war, die statt in die Kirche zum Tanzen ging und zur Strafe versteinert wurde.
Zuerst muss man einen guten Kilometer der Landstraße folgen, kurz nach dem
Bahnhof von Langon biegen wir aber nach rechts ab und kommen über Nebenstraßen
und Waldwege zu unserem Ziel.
Die Demoiselles haben sich einen schönen Platz
zum Tanzen ausgesucht, man merkt, dass dieser alte Kultplatz innere Kraft
ausstrahlt. Kurz nach 12:00 Uhr sind wir wieder zurück und stürzen uns über
die Spaghetti, die Regina inzwischen vorbereitet hat. Um 14:00 Uhr holen wir die
Leinen ein und fahren dem Nachmittag entgegen. Jetzt beginnen die ersten
Schleusen auf der Vilaine, welche wieder vollautomatisch funktionieren und über
fixe Seile verfügen. Die Schleusenwärter sind allerdings Schlafmützen, denn
sie starten ihr Tagewerk erst um 09:30 Uhr. Wir passieren die Schleusen von Malôn
und Guipry und sind um 16:00 Uhr bereits im Hafen von Messac, wo sich die Basis
von Crown Blue Line befindet, das Schwesterunternehmen von Connoisseur. Obwohl
Feiertag ist, finde ich einen Mechaniker, den ich bitte Treibstoff und Gas zu überprüfen.
Er findet alles in Ordnung und übergibt mir die Schlüssel meines Autos, das in
der Zwischenzeit von Nort-sur-Erdre hierher überstellt wurde. Später kommt der
Mechaniker drauf, dass wir ja schon mehr als 1 Woche unterwegs sind und er
verspricht am nächsten Morgen nachzutanken. Um 18:00 Uhr machen wir uns zu
einem Landgang auf. Messac ist durch die Bahnlinie von der Basis abgetrennt,
also wenden wir uns dem Hafen Guipry zu. Viel gibt’s dort auch nicht zu sehen:
ein renoviertes Mühlengebäude, eine kleine Kapelle. Also suchen wir nach einem
Restaurant und finden schließlich die Crèperie du Port, die uns zwar zusagt,
aber erst um 19:00 öffnet. Vorher isst die Familie des Wirtes und Störungen
sind unerwünscht. Also warten wir geduldig (?) und bekommen dann einen Tisch im
Garten zugewiesen. Es ist ein 2-Mann Betrieb: Chefin serviert, Chef in der Küche,
aber sie haben alles wunderbar im Griff und bringen exzellente Sachen auf den
Teller. In der Folge füllt sich der Garten und es sind nur noch 2 Tische frei,
als eine lärmige Gruppe englischer Boatpeople eintrifft und beginnt die Tische
umzugruppieren. Ein Hoch auf die Chefin des Hauses, die die Gruppe freundlich,
aber bestimmt, ins Innere des Lokals verweist. So können wir den Pfingstmontag
in angenehmer Atmosphäre ausklingen lassen.
Tagesleistung |
|
Strecke: |
Brain-sur-Vilaine - Messac |
Fahrkilometer: |
25 |
Schleusenkammern: |
2 |
Reine Fahrzeit: |
3 Stunden 10 Minuten |
Dienstag, 6. Juni 2006
Die Morgentemperatur beträgt wieder
15°.
Wir füllen unseren Wassertank an und wenden das Boot nach dem Frühstück,
damit der Mechaniker zum Diesel-Einfüllstutzen kommt. Elisabeth, Franz und ich
fahren mit dem Auto zum Supermarkt in Guipry, der fast 4 km von der Basis
entfernt ist. Regina bleibt an Bord um den Mechaniker zu empfangen. Um 10:00 Uhr
sind wir wieder zurück, Diesel und Gas wurden ergänzt und wir können ablegen.
Wir verlassen das Hafenbecken von Messac und fahren die Vilaine weiter gegen
Norden. Die Schleusen ändern sich wieder: es gibt keine Fixseile mehr und die
Tore müssen per Hand bedient werden. Auch die Vilaine ändert ihr Gesicht: die
Ebene ist vorbei und wir fahren nun durch hügeliges, bewaldetes Gebiet.
Allerdings sind auch die am Vortag lobend erwähnten Anleger zur Mangelware
geworden. Um 12:30 Uhr fahren wir gerade noch vor der Mittagspause durch die
Schleuse Gailieu, unmittelbar danach finden wir einen hübschen Anleger im Ort
Bourg-des-Comptes, den auch wir zu einer Mittagspause nutzen. Langsam müssen
wir daran denken unsere Not-Vorräte aufzuessen, denn die Reise geht langsam dem
Ende zu. Aber Elisabeth ist da immer sehr erfinderisch und so gibt es eine tolle
Nudelkreation mit Salat.
Anschließend fällt unser Tatendrang der Hitze zum
Opfer, Franz zieht sich mit seiner Schmusedecke auf die Wiese zurück – nur
Elisabeth sucht einen Postkasten und macht den Versuch in den Ort zu kommen, der
sich aber am Berg oben befindet. Versuch abgebrochen! Um 14:00 Uhr ziehen wir
wieder weiter. Am Fluss gibt es immer wieder alte Wassermühlen, die liebevoll
restauriert werden. Gegen 16:00 Uhr sind wir dann in Pont-Réan, wo eine prächtige
alte Brücke mit 9 Bogen die Vilaine überspannt. Ich versuche eine Anlandung am
Schwimmponton, muss jedoch bald feststellen, dass es sich hier um eine
Miniaturausgabe handelt, bei dem man unser Boot quer zum ewigen Nordwind nicht
wirklich befestigen kann. Jetzt erst sehe ich die Tafel, die eine Benutzung mit
Booten von über 9 Metern untersagt. Es gibt aber noch ein Stück Kai mit schon
etwas verwachsenen Steinpollern, die für unsere 13,25 Meter geeignet sind. Wir
machen einen Landgang und nehmen in einer der vielen Bars etwas gegen den Durst.
Sonst gibt es nicht viel zu sehen. Abendessen an Bord.
Tagesleistung |
|
Strecke: |
Messac – Pont-Réan |
Fahrkilometer: |
29 |
Schleusenkammern: |
5 |
Reine Fahrzeit: |
3 Stunden 55 Minuten |
Mittwoch, 7. Juni 2006
Heute hat es nur 10°
Morgentemperatur, aber es herrscht trotzdem herrliches, klares Wetter.
Da wir als erste Herausforderung die enge Durchfahrt unter der Brücke von Pont-Réan
zu meistern haben, versuchen wir unsere Durchfahrtshöhe zu verringern, holen
die Fahne tief und legen die Räder und Deckstühle um. Ablegen um 09:30 Uhr. Es
war alles umsonst: die Durchfahrt ist so hoch, wie alle anderen Brücken, es
scheint eine optische Täuschung zu sein. Bei der Schleuse Mons haben wir eine
Wartezeit von 20 Minuten, da der Schleusenwärter auch die nächste Schleuse zu
bedienen hat und mit dem Moped zwischen beiden hin- und herfahren muss. Nach der
Schleuse Cicé fahren wir am Flughafen von Rennes entlang und können den
Flugzeugen beim Einschweben zusehen. Es sind meist nur Sportflugzeuge. Auch die
nächsten beiden Schleusen haben nur 1 Wärter, aber da werden wir schon
erwartet und haben keinen Zeitverlust. Damit uns das auch am nächsten Tag nicht
passieren kann, melde ich gleich beim Schleusenwärter für Donnerstag, 09:30
Uhr, unsere Rückfahrt an. Er verspricht das seinem Kollegen weiter zu
geben.
Achtung:
unmittelbar nach der Autobahnbrücke folgt ein in den Wasserkarten nicht
eingezeichneter Fußgängersteg (beim Fußballstadion), der im Vergleich zu
allen anderen Durchfahrten auf der Vilaine wirklich niedrig ist!
Um 12:45 Uhr legen wir in Rennes am Quai St.-Cyr an, kurz vor der Einmündung des
Canal d’Ille-et-Rance. Es ist ein großzügig angelegter Kai mit neu gebauten
Wohnhäusern ringsum und einer Grünanlage am Wasser. Wir nehmen einen kleinen
Mittagsimbiss und starten um etwa 14:45 Uhr unsere Stadtbesichtigung. Von
unserem Liegeplatz ist es nicht weit in die Altstadt. Es ist eine sehr
interessante und lebendige Stadt mit vielen kulturellen Attraktionen (alte
Stadtmauern, Kathedrale St.Pierre, Basilika St.Sauveur, viele alte Fachwerkhäuser,
...). Eine große Fußgängerzone, in der sich Lokal an Lokal reiht, lädt zum
Verweilen ein. Vor dem Rathaus herrscht Volksfeststimmung: La ferme en ville –
Bauernhof in der Stadt! Alle Arten von bäuerlichen Produkten werden präsentiert,
verkauft, verkostet. Viele Haus- und Nutztiere sind zu bewundern, für die
Kinder gibt’s einen Streichelzoo – volle Action!
Im Rathaus soll es schöne Repräsentationsräume geben. Zwar sind die Amtsstunden schon vorbei,
aber dem Empfangschef zeigt sich sehr freundlich, überreicht uns ein Prospekt
und lässt uns ganz alleine durch das Rathaus wandern. Um 18:30 Uhr sind wir
erschöpft von den vielen Eindrücken wieder an Bord.
Nachdem wir uns frisch gemacht haben, gehen wir wieder los und suchen – natürlich
in der Fußgängerzone – was zu essen. Wir landen schließlich in einem
Restaurant mit Spezialgebiet Crèpes und Muscheln „L’Abri du Marché“,
Place du Haut de Lices 5, wo wir ganz vorzüglich speisen. Wir sitzen dabei
direkt an der pulsierenden Fußgängerzone und sehen zu, wie sich die Vorboten
der Fußballweltmeisterschaft bereits durch vielfältige TV-Großbildprojektionen
ankündigen.
Tagesleistung |
|
Strecke: |
Pont-Réan - Rennes |
Fahrkilometer: |
18 |
Schleusenkammern: |
5 |
Reine Fahrzeit: |
3 Stunden 12 Minuten |
Donnerstag, 8. Juni 2006
Heute Morgen hat es 14° und was es
noch nie gegeben hat: unser Schiffsdeck ist staubtrocken. Als wir um 09:00 Uhr
Anstalten zum Ablegen machen, meldet sich die Frau des vor uns liegenden
englischen Bootes „Rose“ und fragt, ob wir uns beim Schleusenwärter schon
angemeldet hätten und ob sie gleich mit uns schleusen könnten.
Ich erzähle von unserer gestrigen Abmachung und wir fahren los, sie in beträchtlichem
Abstand hinter uns her. Pünktlich um 09:30 Uhr erscheinen wir vor der Schleuse
Comte, nicht aber der Schleusenwärter. Wir machen an dem (viel zu kleinen)
Warteponton fest und versuchen dem heftigen Rückenwind irgendwie zu trotzen.
Nachdem sich nichts tut, steige ich aus und gehe zu Franz, der sich schon an der
Schleuse befindet. Wir entdecken schließlich ein Schild mit der Telefonnummer
des Schleusenwärters und rufen mit dem Handy an. Er befindet sich an der
anderen Schleuse seines Bereiches und verspricht sofort zu kommen. Während
dessen wird auch den Engländern das Treiben im Wind unangenehm. Sie kommen näher
und wir versuchen sie längsseits zu nehmen. Dadurch haben wir noch mehr
Winddruck und ich muss schon den Motor zu Hilfe nehmen um uns an dem kurzen Steg
auszubalancieren. Glücklicherweise kommt endlich der Schleusenwärter. Wir
lassen der Rose den Vortritt, der Schleusenwärter stopft uns aber beide in die
Schleuse und abwärts geht’s. Rose lässt uns nach der Schleusenausfahrt vor
fahren und folgt uns mit angepasster Fahrgeschwindigkeit. Bei der folgenden
Schleuse bedient uns wieder derselbe Wärter. Die Schleusen Cicé und Mons
werden von einer Dame bedient, die auch mit dem Moped herumpendeln muss. Bei der
Schleuse Pont-Réan teilt uns der Schleusenwärter mit, dass er ausnahmsweise
sogar 3 Schleusen auf einer Entfernung von 9 km zu betreuen hat. Da wir hier
Mittagspause machen wollen, vereinbaren wir, dass wir ihn bei unserem Aufbruch
anrufen werden. Um 12:45 Uhr erreichen wir den Kai von Pont-Réan. Auch die Rose
macht hier Mittagspause. Um 14:00 Uhr rufen wir den freundlichen Schleusenwärter
an und melden ihm unsere Abfahrt. Die Engländer auf der Rose bleiben in Pont-Réan
über Nacht.
Die Schleusung erfolgt problemlos und um 15:45 Uhr sind wir wieder
in Bourg-des-Comptes, unserem heutigen Tagesziel. Trotz des starken Windes ist
es weiterhin sehr heiß und Franz verzieht sich mit seiner Schmusedecke wieder
auf die Wiese. Gegen 17:00 Uhr macht die Mannschaft einen Landgang in den circa
1 km entfernten Ort. Regina bewacht das Boot. Es ist ein sauberer Ort mit ein
paar Geschäften und Lokalen, aber eigentlich nichts Besonderes. Im Hafenviertel
„La Courbe“, wo sich unser Liegeplatz befindet, gibt es ein Bar-Restaurant
und ein Fischerei-Zubehörgeschäft. Während wir noch mit der Vorbereitung des
Abendessens beschäftigt sind, fährt ein Lieferwagen vor und ein Mann beginnt,
mit einem speziell geschwungenen Rohr kleine Kügelchen aus einem Plastiksack in
den Fluss zu schleudern. Nach einigen Minuten zieht er weder ab. Später
erscheint er wieder und baut vor unserem Boot eine Lafette auf, auf der ich, als
alter Soldat, eine 2cm-Maschinenkanone befestigen würde. Schließlich sind es
aber nur 4 Angelruten, die mit elektronischen Einrichtungen zu piepsen anfangen
können, wenn so ein armer Fisch sich an dem Köder vergreifen sollte. Der
Fischereizubehörhändler macht offensichtlich eine Werbe-Veranstaltung! Schon
ahnen wir, dass der große Lieferwagen zum Abtransport seines erwarteten Fanges
bereit gestellt ist. Aber bis zum Einbruch der Dunkelheit macht es nicht ein
einziges Mal „Piep“ – die Technik ist doch nicht alles! Um 22:15 Uhr haut
er schließlich den Hut drauf und baut ab.
Tagesleistung |
|
Strecke: |
Rennes – Bourg-des-Comptes |
Fahrkilometer: |
30 |
Schleusenkammern: |
7 |
Reine Fahrzeit: |
5 Stunden 10 Minuten |
Freitag,
9. Juni 2006
Wieder 12° Morgentemperatur und
staubtrockenes Boot.
Franz fährt mit dem Rad über 3 km, um zu der auf der
anderen Flussseite liegenden Schleuse zu kommen und uns anzumelden. Dann erst
legen wir ab und es ist 09:40 Uhr. Der Wärter ist wieder für die nächsten 3
Schleusen zuständig. Auch Franz bleibt bis Guipry wieder auf dem Rad. Dann
nehmen wir ihn wieder auf und versuchen irgendwo ein Plätzchen im Grünen für
die Mittagspause zu finden. Aber im Fluss bietet sich nichts an, so wenden wir
und machen am Kai in Guipry fest. Während wir unsere Reste aufessen, liegen wir
in Sichtweite der Crèperie, die uns bei der Hinfahrt so gut gefallen hat. Also
packe ich die Gelegenheit beim Schopf und gehe einen Tisch für den Abend
reservieren. „Für 19:00 Uhr“, sage ich „oder ein paar Minuten später!“
Die Chefin scherzt offenbar mit mir, denn sie antwortet „19:21 Uhr!“ Um
14:00 Uhr legen wir ab, passieren zum letzten Mal die Schleuse von Guipry und landen
um 14:22 Uhr bereits im Hafenbecken von Messac.
Was nun folgt, ist die unangenehmste Arbeit beim Hausbooturlaub: das
Zusammenpacken des ganzen Krams – und das bei einer Mörderhitze! Besonders erfreut hat uns dabei die Menge an Regen- und Kaltwetterkleidung, die wir
umsonst mitgenommen hatten.
Unser Abschiedsessen in der Crèperie du Port war, wie erwartet, ein voller
Erfolg. Nur die Geschichte mit 19:21 Uhr war offensichtlich doch kein Scherz,
denn als wir um 19:10 Uhr eintreffen, sitzt die Wirts-Familie noch beim Essen.
Wir dürfen zwar schon Platz nehmen, aber die Speisekarte kommt pünktlich auf
den Tisch – um 19:21 Uhr.
Bei der Rückkehr zur Basis findet vor der Mehrzweckhalle von Messac, die sich
direkt neben dem Hafenbecken befindet, offensichtlich eine Orchesterprobe des
gemischten Jugendblasorchesters von Messac statt. Es klingt ein bisschen wie „Guggamusi“,
bietet aber trotzdem einen originellen Hintergrund für unsere Flaggenparade …
Tagesleistung |
|
Strecke: |
Bourg-des-Comptes – Guipry - Messac |
Fahrkilometer: |
22 |
Schleusenkammern: |
5 |
Reine Fahrzeit: |
2 Stunden 42 Minuten |
Hier enden die Eintragungen unseres Bordbuches ...
Die Rückgabe am nächsten Morgen geht problemlos vor sich.
Zeit für ein Kurzresümee:
Fahrstrecke: 385 km mit 73 Schleusenkammern, reine Fahrzeit: 56 Stunden 23 Minuten.
Die Landschaft der Bretagne ist sehr abwechslungsreich und naturverbunden. Besonders angetan hat es uns natürlich das Biotop an der Aff-Mündung.
Alle Städte und Dörfer in der Bretagne sind im Vergleich mit anderen Revieren Frankreichs hervorragend gepflegt und instand gehalten. Die Bevölkerung ist Fremden gegenüber sehr freundlich und aufgeschlossen. Insgesamt finde ich die Bretonen sehr sympathisch. Am besten gefallen haben uns Malestroit, Josselin, Redon und natürlich Rennes.
Die bretonische Küche stellt durch die Crèpes und Galettes, sowie natürlich den Cidre, eine sehr angenehme Erweiterung der französischen Lebensart dar. Drum wurde als bestes Lokal auch die Crèperie du Port in Guipry auserkoren.
Das Wetter war wunderschön, tageweise auch extrem heiß, darf aber, wie ich fürchte, doch nicht als Musterbeispiel für andere Urlaube in der Bretagne herangezogen werden.
Unsere Flying Bridge war technisch soweit in Ordnung, nur das Inventar, wie Tische etc. gehört langsam erneuert oder repariert. Das Boot war angenehmerweise erstmals mit einem CD-Radio ausgestattet, die Kühlschränke gehörten halt auch schon auf Elektrobetrieb umgerüstet.
Infrastruktur: Am Nantes-Brest Kanal hatten wir keine Probleme, auf der Vilaine wird es von Messac nordwärts etwas schwieriger, Anlegeplätze und Wasserstellen zu finden.
Die Schleusen haben abschnittsweise unterschiedliche Ausstattung. Ingesamt sind sie jedoch bestens in Schuss und werden auch von den Schleusenwärtern mit großem Engagement betrieben.
Das Verkehrsaufkommen auf dem Wasser ist sehr bescheiden und hat sich nur an den Pfingstfeiertagen etwas belebt.
Ingesamt ein sehr gelungener Hausboot-Urlaub!
Damit war unser Aufenthalt in der Bretagne aber noch nicht vorbei. Da wir nun schon so weit gefahren waren, wollten wir uns noch andere wichtige Attraktionen der Bretagne vornehmen. Nähere Einzelheiten finden Sie in unserem Kulturhandbuch. Wir besuchten also
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Gewohnt haben wir dabei jeweils 2 Nächte
in Erdeven in der Auberge du Sous-Bois
in Perros-Guirec im Hotel Les Sternes und
in Dinan im Hotel de la Porte Saint-Malo
Mit Nächtigungen in Châlons-en-Champagne (Ibis) und bei Nürnberg ( Hotel-Gasthof Rotes Ross) schafften wir es schließlich, am 18.Juni 2006 wieder in Wien zurück zu sein.
Gesamtleistung |
|
Urlaubsdauer
|
25 Tage
|
PKW-Kilometer |
4582 |
Bootskilometer
|
385
|