Samstag, 1. Juni 2002
Nach einem Kurzeinkauf mit dem Rad und Füllen unserer Wassertanks legen wir um etwa 0900 Uhr ab. Da wir die Fahrt über die Kanalbrücke besonders dokumentieren wollen, schicken wir Regina mit der Videokamera voraus und nehmen sie dann in der Brückenmitte wieder auf.
Die Fahrt über das Aquädukt und der Ausblick in das Loiretal hinunter sind wirklich sehr eindrucksvoll. Die Fahrrinne ist etwa so breit, wie eine der dort üblichen Schleusen, Ampeln gibt es nicht, es herrscht Faustrecht: wer zuerst einfährt, hat Vorrang. Zum Glück gibt‘s keine Drängelei, obwohl die Anzahl der Freizeitboote am Loire-Seitenkanal, den wir jetzt befahren, gegenüber den bisherigen Kanälen doch deutlich zugenommen hat.
Die Fahrt auf dem Loire-Seitenkanal ist etwas weniger idyllisch, als bisher. Von der Loire sieht man kaum etwas, die ist meist ein paar Kilometer entfernt. Dafür gibt’s es viel weniger Schleusen und auch die am Steuer weniger geübten Crew-Mitglieder fetten ihre Fahrkilometer-Statistik auf. Ein paar Stunden beschäftigt uns ein Atomkraftwerk, das in "Belleville" steht und von überall bestens gesehen werden kann. In Sury-près-Léré legen wir eine kurze Mittagspause ein, dann geht’s weiter. Aber schon bei der nächsten Schleuse (36, Houards) werden wir auf die Attraktionen der Gegend aufmerksam gemacht: wir befinden uns in einer berühmten Weinbaugegend. Der Schleusenwärter führt uns in seinen wohlsortierten Weinkeller und bietet Weine aus Sancerre und Pouilly an. Die Flasche kostet € 6,80, das ist der Originalpreis, der überall verlangt wird. Der Kauf ist zu empfehlen: es stimmt der Preis, die Qualität und man braucht nicht weit zu schleppen !
In Saint-Satyr sehen wir die negativen Auswirkungen des Weinbaues: ein Boot voll mit Alkoholleichen. Alle mit einer Flasche in der Hand, manche können noch stehen, alle grölen, einer versucht mit seinen Lungenflügeln das Schiffshorn zu blasen !
Positiv zu vermerken ist der riesige Supermarkt, der direkt am Kanal liegt und zum Shoppen einlädt, aber unsere Kühlschränke haben ein beschränktes Fassungsvermögen.
Gegen 1600 Uhr landen wir in Ménétreol, wo es eine kleine Anlegestelle gibt. Sie liegt zwar direkt an einer örtlichen Straße, aber das kann in Kauf genommen werden. Der Ort selbst ist reizend, ein altes Weinbauernstädtchen, aber uns zieht es hinauf nach Sancerre, das weithin sichtbar auf einem Rücken über dem Loiretal liegt. Es ist drückend schwül, Regina übernimmt freiwillig die Bootswache.
Der Rest der Crew nimmt den rund 3 km weiten Weg durch die Weinberge in Angriff. Anfangs steigt der Weg kräftig an, dann kommt ein flacher Teil, der letzte Aufstieg in die Stadt hat‘s dann auch noch ganz schön in sich. Aber es lohnt sich: endlich sieht man einmal das Loiretal in seiner ganzen Breite und Schlösser tauchen auf, von denen man gar nichts wusste. Sancerre selbst ist ein pittoreskes Städtchen mit vielen alten Weinbauernhäusern und ruhigen Gassen. Erst der Marktplatz ist belebter und wir finden ein paar Geschäfte, wo man den hiesigen Wein verkosten kann. Dabei muss man natürlich ausgiebig mit dem Verkäufer über den Wein diskutieren, sich unschlüssig zeigen und doch nochmals vergleichen: schließlich werden die Gläser ja nur wenig gefüllt und man möchte ja wenigstens ein bisschen was gratis mitnehmen. Aber man weiß ja schon vorher: das Beste, was es hier gibt, ist der weiße Sauvignon, von dem wir auch ein paar Flaschen im Rucksack wieder hinunter schleppen (selbe Qualität und selber Preis, wie beim Schleusenwärter). Unbedingt müssen wir Regina aber ein paar Proben vom speziellen Ziegenkäse (Crottins de Chavignol) mitbringen, der hier in 2 Reifegraden angeboten wird. Sehr zu empfehlen (schmatz !). Nach schwierigem Abstieg sind wir gegen 1900 Uhr wieder beim Boot. Abendessen an Bord.
Später am Abend kommt noch das Trinkerboot aus Saint Satyr vorbei. Zum Glück ist kein Platz mehr frei und sie fahren ein Stück weiter, dabei fällt noch einer über Bord – igitt !
Die Nacht verläuft nicht sehr ruhig, dader Samstagabend in der naheliegenden Bar noch heftig gefeiert wird und die Besatzung des Säufer-Schiffes sich offensichtlich mit der einheimischen Jugend verbrüdert ....

Tagesleistung

Strecke:

Briare - Ménétreol

Fahrkilometer:

40

Schleusenkammern:

5

Reine Fahrzeit:

5 Stunden 32 Minuten


Sonntag, 2. Juni 2002
Auch am Sonntag erzeugen die französischen Bäcker ihre Baguette für das Frühstück. Franz, unser Frühaufsteher, wartet um 0800 Uhr auf die Öffnung des Boulangers. Aber da ist er in Ménétreol nicht der einzige: auch ein Mitglied der nächtlichen Trinkerbande holt sein Baguette, isst ein paar Bissen, dann fällt er ins Gras und in tiefe Bewusstlosigkeit. Der Barbesitzer hat offensichtlich Gewissensbisse und pflanzt über der Alkoholleiche einen Sonnenschirm auf – das nenn ich Dienst am Kunden ! Wir legen um 0845 Uhr ab.
In Herry finden wir einen Wasseranschluss, allerdings abgesperrt. Der Schlüssel kann bei der Tankstelle im Ort gegen Gebühr von € 1,60 ausgeliehen werde. Mittagspause machen wir in Chapelle-Montlinard. In Beffes (Schleuse 27) werden wir mit deutschsprachigen Hinweisschildern verwöhnt (Bäckerei, Metzgerei, Stehkneipe ...). Bei der Durchfahrt in Marseilles-les-Aubigny sehen wir, dass dort ein Dorffest gefeiert wird. Wir machen in dem schönen Hafen fest und geben unseren Damen eine Stunde Landurlaub. Länger wollen wir nicht bleiben, denn vom Feste feiern haben wir noch vom Vortag genug. Beladen mit den Spezialitäten der Region (Rohschinken, dunkles Brot und "Gigi", einer im Fett herausgebackenen Süßspeise, starten wir in unsere letzte Tagesetappe, nach Cours-les-Barres, das wir um 1700 Uhr erreichen.  Der Landeplatz ist reizend, mit viel Grün, Picknicktischen und einer Quelle mit Bächlein. Allerdings ist es so drückend schwül, dass zunächst einmal alle in Tiefschlaf versinken. Nur ich stecke meine Füße in den Bach und halte die Stellung. Der Versuch, in dem nahegelegenen Restaurant Abend zu essen misslingt – geschlossenen Gesellschaft. Also bleibt nur eins: Essen an Bord. Der neben uns liegende Engländer, der schon den Ärmelkanal überquert hat und bis Spanien möchte, hat offensichtlich immer ein Ohr bei Petrus: er sagt uns 2 Tage Schlechtwetter voraus ...

Tagesleistung

Strecke:

Ménétreol – Cours-les-Barres

Fahrkilometer:

38

Schleusenkammern:

9

Reine Fahrzeit:

5 Stunden 47 Minuten


Montag, 3. Juni 2002
Die Wettervorhersage ist leider eingetroffen. Nach nächtlichem Gewitterregen ist es bedeckt und kühl. Wir legen um 0830 Uhr ab und gelangen bald zu einer mächtigen Doppelkammerschleuse, an die sich die Überquerung des Allier-Tales anschließt.  Die Kanalbrücke ist vergleichbar mit der von Briare, allerdings "nur" 343 m lang und nicht so elegant, wie die von Herrn Eiffel – trotzdem sehr eindrucksvoll!
Die Mittagspause verbringen wir irgendwoin der Nähe von Magny Cours, denn wir hören von weitem immer wieder die Formel-1-Motoren aufröhren. Die Sonne kommt wieder heraus.
Um 1630 Uhr sind wir schließlich in Decize, wo wir noch vor der Schleuse festmachen und den nahegelegenen Supermarkt besuchen. Am nächsten Tag wollen wir ja bis Gannay-sur-Loire weiterfahren, wo wir in einer Conoisseur-Basis einen Boxenstopp einlegen, um Dieselöl und Gas zu ergänzen. Drum bleiben wir dort auch gleich über Nacht liegen und wandern die etwa 20 Minuten zu Fuß in die Stadt.

Decize ist eine nette Stadt mit verschiedenen Geschäften und interessanter Kirche, nur Restaurants sind absolute Mangelware. In einem "Bar-Restaurant" mit Terrasse an der Loire reduzieren wir unsere Wünsche sehr rasch auf ein "bière pression", als wir das Lokal von innen sehen und verdrücken uns bald wieder. Beinahe wollen wir aufgeben, da entdecken wir schon auf dem Rückweg am linken Loire-Ufer, direkt bei der Brücke, ein Crèperie-Restaurant, wo wir uns sehr wohl fühlen und uns das Essen schmecken lassen.

Tagesleistung

Strecke:

Cours-les-Barres - Decize

Fahrkilometer:

53

Schleusenkammern:

8

Reine Fahrzeit:

7 Stunden 34 Minuten


Dienstag, 4. Juni 2002
Es ist wieder bedeckt bei 17 Grad und wir legen nach Wasser tanken um 0830 Uhr ab. Irgendwie sind wir nicht ganz zufrieden, denn diese Zusatzfahrt bis Gannay wurde uns von unserer Basis aufgedrängt und wir verlieren dadurch wieder unsere Zeitreserve, die wir uns ja so mühsam erarbeitet haben. Zwischen den Schleusen 14 (Motte) und 13 (Huilerie) werden wir vom Schleusenwärter auf ein Storchennest hingewiesen, was hierzulande eine besondere Seltenheit sein soll. Um 1120 Uhr sind wir bei der Connoisseur-Basis Gannay eingelangt. Die Boxenmannschaft wartet schon, denn ich habe uns vorher telefonisch angekündigt. Der Dieseltank wird aufgefüllt, eine Gasflasche erneuert. Außerdem tauschen wir einen Fender, der sein Leben ausgehaucht hat und erflehen ein zweites Putztuch, das uns besonders bei Schlechtwetter immer gefehlt hat. Und zuletzt ersetzt der Mechaniker noch meinen Rasierstecker, der stets nach einer halben Minute  den Betrieb eingestellt hat und mir immer nur eine Oberlippenrasur erlaubte. Um 1210 Uhr ist der Boxenhalt erledigt und wir verlegen zum hübschen öffentlichen Anlegeplatz, wo wir den Picknicktisch für unser Mittagessen nützen. Die Sonne ist wieder herausgekommen und es ist ziemlich warm geworden.
Um 1300 Uhr (nach Mittagspause des Éclusiers) starten wir wieder Richtung Decize. Gegen 1500 Uhr wird der Himmel bedenklich dunkel und wir beginnen langsam unser Regenzeug herauszukramen. Dann aber geht’s Schlag auf Schlag: ein Gewitter bricht los und die Blitze zucken nur so dahin. Der obere Steuerstand muss unverzüglich geräumt werden. Ich fahre irgendwo ans Ufer, Regina, die noch keine Stiefel anhat, springt barfuss mit der Leine an Land. Ich stelle den Motor ab und verschwinde schleunigst nach unten, um ihn von dort wieder anzustarten.
Dann fahren wir in Sturm und Regen weiter zur Schleuse 15 (Saulx), wo wir in der Schleusenkammer zunächst abwarten, da der Regen so dicht ist, dass man die Hand kaum vor Augen sieht. In Decize angekommen, machen wir sofort an unserem gestrigen Nächtigungsplatz fest, um die weitere Wetterentwicklung abzuwarten. In einer Regenpause stecken auch die anderen Hausbootfahrer ihre Köpfe aus den Kabinen und diskutieren die Zugrichtung der schwarzen Wolkenbänke. Als einige dann ablegen und Richtung Loire hinunterschleusen, regt sich auch in unserer Crew der Widerstand gegen ein weiteres Zuwarten und ich lasse mich breitschlagen, da mir ohne Regen die Argumente ausgehen. Franz bedient die Anmelde-Stange und wir fahren in die automatische Schleuse 16 (St. Morice) ein. Doch während des abwärts Schleusens bricht das nächste Gewitter über uns herein und dann ist bei mir der Ofen aus: wir legen im Hafenbecken von Decize an und bleiben über Nacht.

Bei nachlassendem Regen gehen Elisabethund Franz nochmals in die Stadt. Regina beschäftigt sich mit einem benachbarten Pony in der Größe eines Bernhardiners. Unsere Crèperie hat heute Ruhetag, daher Essen an Bord. Elisabeth hat aber was Feines vom Fleischer mitgebracht ....

Tagesleistung

Strecke:

Decize – Gannay-sur-Loire - Decize

Fahrkilometer:

30

Schleusenkammern:

9

Reine Fahrzeit:

5 Stunden 47 Minuten


Mittwoch, 5. Juni 2002
In der Nacht schwerer Regen und heftiger Sturm. Zum Glück liegen wir im geschützten Hafenbecken ! In der Früh hört der Regen auf und wir glauben schon an ein Wunder, als während des Frühstücks plötzlich der Sturm die Wolken aufreißt und herrlich blauer Himmel auf uns herunterlacht. Aber lange hält dieses Wolkenloch nicht an und wir beeilen uns mit dem Ablegen um 0810 Uhr, weil wir die automatische Hafenausfahrtsschleuse mit 4 m Hubhöhe gerne noch trockenen Fußes bewältigen wollen. Das gelingt gerade noch, aber als wir das untere Schleusentor passieren und auf die Loire hinausfahren, fängt es wieder heftig an zu regnen. Diereizvolle Loire-Querung bis zur Einfahrt in den Canal du Nivernais ist damit zwar verdorben, aber was soll’s, "the show must go on" ! Das schreckliche Wetter hält an und die Leinenmannschaft muss bei jeder Schleuse wieder hinaus in den Regen. Mir geht’s besser: keiner will das Steuerruder übernehmen. Der untere Steuerstand ist ohnehin nicht sehr beliebt, weil man nicht in der Mitte sitzt und nach hinten keinen Ausblick hat. Bei diesem Wetter kommt noch der winzige Scheibenwischer erschwerend dazu und der Sturm, der jede Schleusen- oder Brückendurchfahrt zu einem Kampf gegen die Elemente werden lässt.
Mittags erreichen wir Cercy-la-Tour, wo sich der Kanal erstmals mit dem Fluss Aron vereinigt, der uns hier laufend begleitet. Der Sturm rüttelt an unserem Boot und wir setzten keinen Fuß vor die Tür, wenn es nicht sein muss. Elisabeth versorgt uns, wie immer, hervorragend aus der Bordküche.
Regina opfert ein wenig von ihrem Handy-Akku und fragt in Wien nach dem französischen Wetterbericht. Meine Tochter Andrea, schaut im Internet nach, kann uns aber für die nächsten paar Tage wenig Hoffnung auf Wetterbesserung machen. Am Nachmittag lässt der Regenein bisschen nach und als wir um 1600 Uhr im Hafen von Pannecot festmachen, ist er ganz vorbei. Die Anlegestelle liegt recht hübsch, bei einem Campingplatz. Ab Mitte Juni muss man dort angeblich bezahlen, wir aber kommen noch gratis davon. Franz und ich machen einen Spaziergang in den Ort, müssen aber feststellen, dass es dort überhaupt keine Versorgungsmöglichkeiten gibt: kein einziges Geschäft, selbst das Postamt ist geschlossen. Durch den Ort führt auch eine Bahnlinie, von der unser Reiseführer berichtet, dass man nicht weiß, ob und wann dort je ein Zug verkehrt. Wir allerdings haben der Ehre, einen Zug vorbei fahren zu sehen – und das ganz lange, denn eine verunfallte Zugsgarnitur wird mit einer Höchstgeschwindigkeit von 3 km/h vorbeigeschleppt. Schließlich entdecken wir das Restaurant de Pannecot, das uns zunächst ein wenig suspekt erscheint, dann aber bestellen wir für 1930 Uhr einen Tisch. Wir werden angenehm überrascht, das kleine Extrazimmer ist wunderschön gedeckt und die Wirtin verwöhnt uns und andere "Boat-People" mit einem ausgezeichneten Essen in angenehmer Atmosphäre (Menü ab 14,50 €).

Tagesleistung

Strecke:

Decize - Pannecot

Fahrkilometer:

30

Schleusenkammern:

10

Reine Fahrzeit:

6 Stunden 18 Minuten


Donnerstag, 6. Juni 2002
In der Nacht wieder einmal kräftiger Regen, der beim Ablegen um 0830 Uhr zum Glück nachlässt. Wir füllen wieder einmal unseren Wassertank auf.
Gleich bei der ersten Schleuse müssen wir warten, weil hier im Canal du Nivernais wieder einmal andere Schleusenöffnungszeiten gelten: 0900-1200 und 1300-1900 Uhr.  
Der Nivernais windet sich durch eine reizende Umgebung an den Hängen des Morvan. Die Hügel sind stark bewaldet, davor, am Kanal, liegen grüne, heckengesäumte Wiesen, die von einer Vielzahl weißer Rinder und Schafe bevölkert sind. Nach einem Mittagsimbiss in Gottes freier Natur kommen wir am Nachmittag nach Châtillon-en-Bazois, mit seiner wunderschönen Schlossanlage. Wir machen auf der Suche nach Essbarem einen kurzen Stadtrundgang und finden einen üppig ausgestatteten Maxi Marché. Regina, die die Bootswache hält, wird mittlerweile vom nächsten Schleusenwärter auf dem Moped besucht, der schon nachschauen kommt, wo wir so lange geblieben sind. Als wir endlich bei seiner Schleuse eintreffen ist er am Boden zerstört und muss von uns getröstet werden: Frankreich gegen Uruguay bei der Fußball-WM 0:0 !
Nun geht’s steiler hinauf, wir überwinden ein paar Doppelkammerschleusen und kommen um 1900 Uhr gerade noch durch die Schleuse Bazolles 2, einer für uns neuen Art von Schleuse, die keineKurbeln hat, sondern Schiebebalken für die Bedienung der Schleusentore. Sie wird von einer walkürenhaften Schleusenwärterin bedient, neben der unser Franz aussieht, wie der kleine Muck.

Wir fahren noch außer Sichtweite und suchen uns dann ein Nachtlager im Grünen. Elisabeth zaubert aus der Bordküche wunderbare Grillkoteletts und wir sind gar nicht böse, eine Schleuse vor dem Ziel festzusitzen.

Tagesleistung

Strecke:

Pannecot – oberhalb Schleuse Bazolles 2

Fahrkilometer:

35

Schleusenkammern:

22

Reine Fahrzeit:

8 Stunden 37 Minuten


Freitag, 7. Juni 2002
In der Früh ist es stark bewölkt bei 12 Grad. Wir legen um 0850 Uhr ab und fahren die kurze Strecke bis nach Baye. Nun sind wir an der höchsten Stelle unserer Reise, aber es ist dort unwirtlich – windig, kalt und grau. Die Schleusenwärterin fragt uns, ob wir durch den Tunnel wollen und ob sie die Ampel für uns auf grün schalten soll. Wir aber wollen vorher noch Wasser tanken, da gibt sie uns den Tipp, doch nach den Tunnels zu tanken, dort ist das Wasser nämlich gratis, während man in der Basis in Baye dafür zahlen muss. Nach so vielen guten Argumenten hält uns nichts mehr in Baye und wir starten in das Abenteuer der Scheitelquerung. Die ist wirklich ein Erlebnis: der fast 4 km lange Geländeeinschnitt, der von 3 Tunnels unterbrochen ist, ist so schmal, dass gerade mal das Boot hineinpasst. Alles ist von urwaldartigem Wald überwuchert und bemoost. Kleine Bächlein und Wasserfälle münden in die Fahrrinne. Wir reißen nur Augen und Ohren auf und glauben uns in eine hyperrealistische Freischütz-Inszenierung versetzt. Nach einer kleinen Brücke, auf der die Gegenampel montiert ist, wird man aber sehr schnell von der Realität eingeholt, denn da beginnt die Schleusentreppe von Sardy mit ihren 16 Schleusen innerhalb von 4 km. Wir beeilen uns mit dem Wasser tanken, denn in der 1. Schleuse wartet schon ein anderes Boot auf uns, ein schottisches Paar mit einer deutsch sprechenden Frau, mit denen wir jetzt den ganzen Tag gemeinsam Schleuse um Schleuse abspulen werden. An sich ist der Ablauf gut organisiert, jeder Schleusenwärter begleitet einen über mehrere Schleusen und verfügt über irgend ein Fortbewegungsmittel (Fahrrad, Moped, Auto, ...) und ein Handy, mit der sich mit den Kollegen abspricht, ob und wann Gegenverkehr zu erwarten ist. Auch wir organisieren uns: neben Franz nehme jetzt auch ich das Fahrrad zu Hilfe und wir sind im überschlagenden Schleusen-Einsatz: einer ist schon beim Vorbereiten der nächsten Schleuse, während der andere noch beim Ablegen und Schließen der vorigen Schleuse hilft. Damit kommen die Damen in unserer Crew endlich zu ihrer ersten Solo-Fahrt mit dem Boot. Die Schleuse 6 (Planche de Belin) ist besonders herausgeputzt, rosa gestrichen und mit allerlei Kunsthandwerk verziert. Mittagspause halten wir in der nächstbesten Schleuse, in der wir nach 1200 Uhr ankommen – auch der Schleusenwärter ist pünktlich verschwunden. In Schleuse 14 (Pre Ardent) werden wir von einem Schleusenwärter zu nächsten übergeben. Sie schwätzen so angeregt, dass sie gar nicht merken, dass der obere Schleusenschieber nicht geschlossen ist. Erst als Franz und ich gemeinsam das Boot kaum mehr halten können und etwas laut werden, wird gehandelt.
Ja, und dann sind wir am Ende der Schleusentreppe, in Sardy, angekommen und es geht flacher weiter. Zwischen den Schleusen 20 und 22 durchqueren wir ein Kieswerk, riesige Sandberge türmen sich rechts und links von uns auf. Zum Glück hat es gestern noch geregnet, sonst würden wir hier im Staub ersticken.
Bei der Doppelschleuse 25/26 (Eugny) sind wir schon beim abwärts schleusen in der unteren Kammer, als plötzlich eine alte Frau aus dem Schleusenwärterhaus herausstürzt und den amtierenden Schleusenwärter mit einem Wortschwall in höchsten Tonlagen überschüttet. Wir verstehen zwar nichts, sind aber alarmiert und Franz, der noch auf der Schleusenmauer steht, erkennt als erster das Problem: im Kanalabschnitt zur nächsten Schleuse fehlt zur Bewuchsgrenze gut ein halber Meter Wasser. Einzige Lösung: der Schieber hinter uns wird wieder aufgemacht, um Wasser nach unten durchlaufen zu lassen. Als zweites Boot in der Schleuse ist das für uns gar nicht lustig und wir machen uns mit 2 Leinen am Heck fest, denn das Boot bockt und stampft, dass es eine Freude ist. Wahrscheinlich wären wir noch über Nacht geblieben, bis die ganze Wanne wieder vollgelaufen ist, aber nach einer halben Stunde schickt man uns ins Rennen: "... ganz langsam und immer in der Mitte !" Es geht alles gut und um etwa 1745 Uhr legen wir schon etwas erschöpft im Hafen von Chitry-les-Mines an. Nach einem kurzen Stadtrundgang, bei dem wir uns überzeugen können, dass es dort wirklich kein Geschäft gibt und das Schloss "privat" ist, landen wir in der Snack-Bar der Bootsbasis ("Snack du Port"), wo wir mit einfachen Speisen, aber durchaus bemüht, versorgt werden. Im Laufe des Abend füllt sich das Lokal mit Franzosen - scheint so eine Art Ausflugsziel in der Gegend zu sein !

Tagesleistung

Strecke:

Oberhalb Schleuse Bazolles 2 – Chitry-les-Mines

Fahrkilometer:

17

Schleusenkammern:

29

Reine Fahrzeit:

8 Stunden 11 Minuten

3. Reisewoche

Homepage