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Der Nachmittag ist geprägt von starkem Regen und der scheußlichen
Durchfahrt durch die "Dérivation von Seurre". Man fährt eine Stunde
lang durch eine schnurgerade Kanalpassage, deren Uferränder entweder mit
riesigen Felsblöcken oder rostigen Schlitzwänden befestigt sind. Hier
bräuchte man einen Autopiloten und ein gutes Buch ! Das sehnsüchtig erwartete
Ende dieses Abschnittes erfolgt mit der Schleuse von Seurre. Sie ist ein
Riesending, gebaut für die Grossschiffahrt und stellt uns vor neue Probleme. Da
die Poller für unser kleines Hausboot zu weit auseinander liegen, müssen wir
beide Leinen mittschiffs über einen Poller legen und während des
Schleusenvorgangs laufend umhängen. Mit etwas Stress bekommen wir aber die neue
Situation in den Griff.
Unmittelbar nach der Schleuse sind wir auch schon in Seurre, unserem Tagesziel. Im Schutz einer kleinen Flussinsel finden wir einige schöne Liegeplätze mit allen Anschlussmöglichkeiten (gegen spätere Entrichtung einer Gebühr von 35 FF). Nachdem wir einem der allgegenwärtigen Fischer klargemacht haben, dass er mit seinem Boot im Weg steht, gelingt uns eine perfekte Landung. Beim anschließenden Landgang in Seurre finden wir tatsächlich die vielen Bäckereien, die uns der Reiseführer für Auxonne versprochen hat. Bei unserem Stadtrundgang kommen wir auch in die Kirche St. Martin. Dort spricht uns der Mesner an und erzählt uns ein Geschichtchen aus dem 2. Weltkrieg, wie er einem Österreicher das Leben gerettet hat. Anschließend bietet er an, uns die Sehenswürdigkeiten der Kirche zu erklären. Diese Führung dauert schließlich beinahe eine ganze Stunde, in der wir alle Einzelheiten über die Bilder und Statuen der Heiligen, sowie deren Lebensgeschichte erfahren. Die Erläuterungen bringen mich an die Grenzen meiner Französischkenntnisse, da ich die Vokabel für die meisten Folterinstrumente nicht parat habe. Aber der Mesner ist nicht zu bremsen, bringt ein paar Brocken in anderen Sprachen ein, vollführt pantomimische Einlagen und gipfelt seine Führung schließlich in einem Orgel- und Flötenkonzert.
Erschöpft von diesen Eindrücken, beschließen wir, abends nicht an Bord zu essen, und wir landen um 1900 Uhr im Restaurant "La Marine", in Sichtweite unseres Liegeplatzes. Während des Wartens auf unsere Bestellung geht ein fürchterliches Gewitter nieder, und ich arbeite mit der Mannschaft an einer Verbesserung der Französischkenntnisse: "Un tonerre et un eclair, c’est un orage !"
Nach ausgezeichnetem Essen und Trinken geht’s zurück an Bord und wir
fallen in die Kojen.
Tagesleistung |
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Strecke: |
Auxonne - Seurre |
Fahrkilometer: |
34 |
Schleusen: |
2 (Auxonne, Seurre) |
Fahrzeit: |
0920 - 1600 Uhr |
Tagesleistung |
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Strecke: |
Seurre - Chalon sur Saône |
Fahrkilometer: |
43 |
Schleusen: |
1 (Ecuelles) |
Fahrzeit: |
0900 -1545 Uhr |
Zuerst versuchen wir eine Außenlandung, die aber wegen untiefen
Uferbedingungen wieder abgebrochen werden muss. Schließlich finden wir bei der
aufgelassenen Schleuse von Gigny, in der sich ein Bootsclub angesiedelt hat,
einen Liegeplatz, der uns die verlangten 30 FF Wert ist. Außer einem Haus für
den "Hafenkapitän" und einem Restaurant, das außerhalb der
Hauptsaison aber geschlossen ist, gibt’s dort nur viel Landschaft, aber wir
sind ja Selbstversorger ! Während des abendlichen Kartenspiels (oder war es Mah
Chong ?) fährt mit Getöse das Flusskreuzfahrtschiff vorbei. In 2 Restaurants
wird gerade diniert, die Gäste sind elegant gekleidet, die Stewards servieren
livriert - eine andere Welt !
Tagesleistung |
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Strecke: |
Chalon sur Saône - Tournus - Gigny |
Fahrkilometer: |
40 |
Schleusen: |
2 (Ormes - 2x) |
Fahrzeit: |
0900 - 1740 Uhr |
Tagesleistung |
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Strecke: |
Gigny - Verdun sur le Doubs |
Fahrkilometer: |
42 |
Schleusen: |
0 |
Fahrzeit: |
0900 - 1620 Uhr |
Als wir endlich losfahren und an die Einmündung des Doubs in die Saône gelangen, können wir gerade miterleben, wie Freund Nr. 55 von einem Kiesschlepper von der dortigen Sandbank gezogen wird. Leider fährt er dann wieder unmittelbar vor mir her, aber ich tröste mich mit dem Gedanken, dass ich ihn bei der nächsten Schleuse lieber vor mir habe, als hinter mir.
Bei der Schleuse von Ecuelles schleusen 3 Boote gemeinsam. Das erste Boot hat
rechts festgemacht, Nr. 55 quetscht sich an diesem vorbei und fährt in der
langen Schleusenkammer ganz nach vorn. Ich halte mich hinter dem ersten Boot.
Beim Fluten der Schleusenkammer sprudelt das Wasser so schnell ein, dass unser
Freund heftig zu tanzen beginnt, die Leine loslässt und das quertreibende Boot
mit Motormanöver zu stabilisieren versucht. Na, es geht gut - aber jetzt halte
ich noch mehr Abstand. Durch den starken Regen gibt es sehr viel Treibholz auf
dem Fluss, und wir brauchen immer eine Ausguck im "Krähennest". Von
ganzen Baumstämmen schauen oft nur ein paar Äste aus dem Wasser und da
hineinzukrachen ist sicher nicht empfehlenswert.
Mittagspause in Seurre - das Wetter vermiest uns einen Abstecher in den
Altarm.
Nach Passieren der Schleuse von Seurre und des öden Kanalabschnittes, kommen
wir gegen 1530 Uhr nach St. Jean de Losne und machen im Hafen fest. Das
Einparken wird etwas erschwert, da ich urplötzlich von einer Horde
kajakfahrender Kinder umgeben bin, die im Hafen trainieren ! Hafengebühr: 35
FF.
Nach einem Stadtbummel beschließen wir den Abend in der "Auberge de la
Marine" in Losnes, wo wir auf Franzi’s vergangenen Geburtstag anstoßen.
Nachdem wir anfangs weder mit der Chefin, noch mit der Serviererin harmonieren,
übernimmt uns dann eine bildhübsche und sanftmütige Kollegin, bei der wir
nicht nur mit Essen und Trinken, sondern auch mit der Atmosphäre zufrieden
sind.
Tagesleistung |
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Strecke: |
Verdun sur le Doubs - St. Jean de Losne |
Fahrkilometer: |
36 |
Schleusen: |
2 (Ecuelle, Seurre) |
Fahrzeit: |
0900 - 1545 Uhr |
Wir passieren die Schleuse von Auxonne und machen Mittagspause. Am Nachmittag
geht’s weiter, wir passieren die Schleuse von Poncey les Athée und nähern uns
schließlich der Ortschaft Pontailler sur Saône, unserem Tagesziel.
Ursprünglich wollte ich in die "Alte Saône" einfahren, aber in der
Basis hatte man mir strikt davon abgeraten, der Tiefgang und die Länge unseres
Bootes seinen zu groß. Also war unsere Alternativlösung, am Kai, unter der
Brücke, anzulegen. Als wir uns hinter einem anderen Boot dem Kai nähern, sehen
wir genügend Liegeplätze und halten Abstand, um dem anderen Boot das
Anlegemanöver zu erleichtern. In diesem Moment kommen flussabwärts, unter der
Brücke, zwei weitere Boote angefahren, haben Angst, keinen Platz mehr zu
bekommen und versuchen in Strömungsrichtung anzulegen. Da gerade dort, unter
der Brücke, in einer Flussbiegung, eine für die Saône ungewöhnlich starke
Strömung herrscht, geht das natürlich schief und sie krachen gegen das Ufer
und die dort liegenden Boote. Es entsteht ein fürchterliches Chaos: wir warten
in der Flussmitte, vor uns quertreibende Boote und von oben kommt natürlich
noch eines nach ! Ich verdrücke mich, so gut es geht, passiere die Brücke und
suche oberhalb einen Außenlandeplatz. Einer schaut gut aus, Franz springt mit
der Vorleine ans Ufer und landet in einem Brennnesselfeld. Mit Handschuhen
schlagen wir die Stahlnägel ein, sind dann aber doch ganz zufrieden, denn eine
kleine Sandstraße führt direkt in den Ort, und wir können unsere Räder
benützen. Wir machen eine kleine Runde durch den Ort, Elisabeth und Regina
gehen zu Fuß und besteigen den Hügel der Stadt, von dem man, wie sie
behaupten, eine schöne Aussicht haben soll.
Der Abend ist dem Aufessen der Lebensmittelvorräte gewidmet. Regina, der 1. Offizier, ist auch als Fernmeldeoffizier tätig und hält mit dem Handy Verbindung in die Heimat (unser Boot hat ja auch einen Stromanschluss zum Aufladen des Akkus).
An diesem Abend erfährt sie, dass das Boot einer Verwandten von Einbrechern
heimgesucht wurde. In dieser Nacht schlafen wir schlecht, auf unserem einsamen
Außenliegeplatz und ich mache in der Nacht einen Kontrollgang. Elisabeth hält
aber mich für einen Einbrecher und die Nachtruhe ist ganz dahin.
Tagesleistung |
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Strecke: |
St. Jean de Lôsne - Pontailler sur Saône |
Fahrkilometer: |
35 |
Schleusen: |
2 (Auxonne, Poncey les Athée) |
Fahrzeit: |
0900 - 1700 Uhr |
Auf den letzten Kilometern zeigt sich das Wetter noch einmal von seiner feuchten Seite. Bei der Einfahrt in die Schleuse von Gray, wo die Strömung auch ganz mächtig ist, haben wir ein Boot vor uns. Wir sind schon fast drin, als wir sehen, dass der Schleusenwärter nicht aus seinem Hüttchen herauskommt. Vielleicht ist ihm das Wetter zu schlecht, oder - was weiß ich. Jedenfalls gelingt es mir, das Boot noch an die glitschige Leiter zu manövrieren und Franz darf, zum ersten und einzigen Mal in diesem Urlaub, selbst hinaufklettern und uns und das andere Boot festmachen.
Angesichts dieser Aufregung vergesse ich jedoch, wie beabsichtigt, den
Steuerstand nach oben zu verlegen, und von unten will es mir nicht gelingen,
rückwärts an der Basis festzumachen. Schließlich werfe ich meinen Ehrgeiz
über Bord und mache ich mit dem Bug voraus fest.
Wir machen einen Besichtigungsbummel durch Gray, anschließend ist Packen
angesagt. Am Abend begehen wir Franzi’s kommenden Geburtstag im
Restaurant Crato. Die Speisekarte allein ist schon ein Erlebnis, denn alle
Französischkenntnisse und Wörterbücher helfen nicht, wenn man den
Ideenreichtum der Köche bei der Benennung ihrer Kunstwerke beachtet. Was kann
man bei einer Bestellung erwarten, wenn das Gericht in meinem Wörterbuch als
"Sabberlätzchen" übersetzt wird ? Schließlich werden wir aber doch
alle zufriedengestellt und es ist ein wunderbarer Abschiedsabend.
Tagesleistung |
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Strecke: |
Pontailler sur Saône - Gray |
Fahrkilometer: |
30 |
Schleusen: |
3 (Heuilley, Aprémont, Gray) |
Fahrzeit: |
0900 - 1520 Uhr |
Hier enden die Eintragungen unseres Bordbuches ....
Nach Rückgabe des Bootes am nächsten Morgen, machten wir uns wieder auf die Heimreise, wobei wir diesmal dem Weg über die Schweiz wählten. Wir fuhren über Besancon und Vallorbe an den Genfer See. Von dort ging’s das Rhônetal aufwärts, wo wir oberhalb von Brig, in Blatten, Zimmer reserviert hatten. Wir blieben noch 3 Tage im Hotel "La Montanara" und machten Ausflüge nach Zermatt und zum Aletschgletscher. Dann aber holte uns auch dort das schlechte Wetter ein und wir fuhren bei Schnee über den Furkapass, verließen dann aber fluchtartig die hohen Pässe und erreichten durch den Arlbergtunnel Innsbruck, wo wir noch einmal nächtigten. Am Mittwoch, den 7. Oktober 1998 waren wir schließlich wieder in Wien.
Gesamtleistung |
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Urlaubsdauer
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21 Tage
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PKW-Kilometer |
2533 |
Bootskilometer
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433
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Schlussbetrachtung
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