Holland / Provinz Friesland im Herbst 1995
1 Woche vom 16. September bis 23. September
Boot: Connoisseur C1135

Basis: Lemmer
 
*) Basis wurde zwischenzeitlich nach Hindeloopen verlegt !

Schon seit Jahren schielten wir beim Besuch der Ferienmesse auf die Hausboot-Prospekte, die diese Art des Urlaubs als das "Überdrüber-Erlebnis" anpreisen. Irgendwie wollten wir es einmal versuchen, aber da gab’s viele innere Widerstände, ob wir als gelernte Landratten das schaffen würden, und überhaupt brauchte man dafür die geeigneten Partner, die wir nicht zur Hand hatten. Aber wie es der Zufall will, erwähnten wir in einem Gespräch mit Freunden unsere heimlichen Absichten, und schon hatten wir die Mannschaft komplett. 
Von der "Christlichen Seefahrt" hatten wir allesamt keine Ahnung, aber wir waren frohen Mutes und beschlossen, es für den 1. Versuch bei einer Bootswoche zu belassen und die zweite Urlaubswoche mit festem Boden unter den Füßen zu verbringen.

Da wir schon im Dezember unser Boot gebucht hatten, war ausreichend Zeit, die Reise genauestens durchzuplanen. Wir besorgten uns bei Hausboot Böckl die entsprechende Fachliteratur ("Mit dem Hausboot durch Holland" und "Hausbootfahren leicht gemacht") sowie die Wasserkarten von Friesland und erarbeiteten unsere Reiseroute, die wir im Laufe unserer Planungsphase weiter verfeinerten. Eine zweite Wasserkarte schnitten wir auf Format DIN A4 zurecht, damit wir beim Navigieren nicht immer die riesige Karte auffalten mussten. Dies hat sich sehr bewährt.
Vor der Abfahrt kauften wir in der Böckl-Boutique noch einheitliche T-Shirts für die ganze Mannschaft und eine österreichische Fahne.

Dann ging’s los: Mit nur einem Auto (damit man den Anderen nicht verlieren kann), fuhren wir gemächlich in 3 Tagesetappen nach Holland. Wir übernachteten bei NÜRNBERG und KÖLN und landeten am 3. Tag in BERGEN (Nordholland), wo wir 1 Woche bleiben wollten. Unsere Überlegung war nämlich, in dieser Woche ein wenig die Sprache, Gebräuche, Währung, Witterungsverhältnisse etc. kennen zu lernen, um dann den Kopf für die Bootsführung frei zu haben. Hauptsächlich stand Sight-Seeing auf dem Programm und wir besichtigten ganz Nordholland von DEN HELDER bis AMSTERDAM.

In der 2. Woche begann dann unser Abenteuerurlaub "Hausbootfahren". Hier eine Zusammenfassung unseres Logbuches:

Samstag, 16.September 1995
Am Tag der Bootsübernahme fahren wir von BERGEN über den Abschlußdeich nach Friesland und landen bei Kaiserwetter bereits um 1230 Uhr in der Bootsbasis LEMMER, die noch geschlossen ist. Als wir endlich den Basismanager finden, vertröstet er uns auf 1400 Uhr, und wir nehmen im nebenan gelegenen hübschen Garten des Restaurants "De Connoisseur" einen Imbiss ein. Um 1400 Uhr ist die Katastrophe perfekt: durch einen Irrtum ist unser Boot nicht vorbereitet worden und die Putzfrauen sind schon ins Wochenende gefahren. Aber der Basismanager, Herr Bockelberg, nimmt die Sache energisch in die Hand und so können wir um 1600 Uhr, schon etwas genervt, endlich unsere Connoisseur Nr. 6 beziehen. Dort müssen wir erkennen, dass wir den Stauraum des Bootes überschätzt haben, aber meine Frau Regina kann sich von nichts trennen, also schleppen wir alles mit, was wir später doch nie brauchen werden.
Bei der Kontrolle der von Böckl zur Verfügung gestellten Inventarliste müssen wir leider feststellen, dass diese nur einen groben Anhalt darstellt. Reklamiert man Dinge, die nicht vorhanden sind, werden sie von den Nebenschiffen genommen, sind sie dort auch nicht vorhanden - leider ! Die technische Einweisung ist kurz aber klar, bei der Erklärung der Schiffsführung erkennt man sehr bald, dass hier die Theorie nichts hilft und man sich einfach drübertrauen muss. Der Instruktor versucht, uns zu einer Fahrt in den Süden zu überreden, weil es dort viel schöner sei, aber wir sind auf unsere Strecke fixiert und lehnen einstimmig ab.

Noch eine kurze Runde im Hafen, dann verabschiedet sich der Instruktor mit dem Hinweis, dass zweimal links der Weg zur Schleuse führe, und dann sind wir allein. Vorsichtig tasten wir die unbekannten Elemente ab, versuchen zu bremsen und zu steuern und orientieren uns vor allem an einem Schwesterschiff, das vor uns der Schleuse zustrebt. Dort warten schon mehrere Schiffe auf das Öffnen der Schleuse. Da ich Schwierigkeiten habe, das Boot ruhig zu halten, zeigt sich die Solidarität der Hausbootfahrer, sie nehmen uns längsseits und helfen beim Festmachen des Bootes. Als wir uns mit einem Gläschen Genever bedanken, spricht sich das bei den Nachbarschiffen herum und es artet zu einer Party aus. Schleusenmanöver und Brückendurchfahrten in LEMMER schaffe ich wie in Trance, dann werde ich ruhiger, wir überqueren den PRINSES MARGRIET Kanal, fahren durch den LANGESLOOT und kommen in der Dämmerung nach SLOTEN. Dort gibt es neben einem Campingplatz jede Menge Liegeplätze und es gelingt sogar mir, ohne Feindberührung ans Ufer zu steuern und die Deckmannschaft zum Sprung mit der Leine zu überreden. Nach eingehender Diskussion über die Knotenlehre atmen wir tief durch und machen uns zum Landgang fertig. Elisabeth, unser 2. Steuermann, die ein großes Herz für Tiere hat, bekommt den Auftrag, alle laufenden, fliegenden oder schwimmenden Bittsteller nur abseits des Bootes zu verköstigen, damit wir nicht zur Arche Noah werden.
Der Hafenmeister kommt und kassiert HFL 1,50 pro Laufmeter Schiffslänge. Dafür können wir aber auch die extrem sauberen Wasch- und Toilett
eanlagen benützen.
Nach einem kleinen Rundgang durch das Städtchen landen wir in der Taverne "‘t Bolwerk", wo wir in einem gemütlichen Ambiente gut und (für dortige Verhältnisse) preiswert essen. Erste Nacht an Bord.


Tageskilometer: 10 Brücken: HFL 13.- Liegeplatz: HFL 16,50 Wasser: --
 

Sonntag, 17.September 1995
Am Morgen holt uns der Frost frühzeitig aus den Federn und wir kämpfen noch mit den puppenhaften Kajüten und Waschräumen. Auch die Koordination des Küchenkommandos lässt noch zu wünschen übrig, sodass das Frühstück verspätet auf den Tisch kommt. Glücklicherweise öffnen am Sonntag die Brücken auch erst um 0900 Uhr, sodass wir Zeit genug haben. Franz überprüft Öl- und Wasserstand, dann kommt der spannende Moment: wird der Motor anspringen ? Er tut’s - und nach einer kurzen Diskussion mit der Deckmannschaft über die Technik des Ablegens (Heck voraus im Retourgang) starten wir in einen neuen Tag. Zunächst müssen wir uns eine Methode zur Entrichtung der Brückengebühren einfallen lassen. Basis ist eine Menge von Kleingeld, das wir in der Vorwoche gesammelt haben. Wie viel bei der jeweiligen Brücke gespendet werden muss, steht auf einer Tafel an der Brücke, die man immer erst dann lesen kann, wenn es schon zu spät ist. Daher muss der Navigator mit dem Fernglas den Tarif erspähen, übergibt die Münzen dem Deckoffizier, der während der Durchfahrt dem Brückenwärter den Obulus in den an einer Leine heruntergelassenen Holzschuh einwirft. Und der Skipper muss dabei die Geschwindigkeit drosseln, damit das Geld nicht im Wasser landet.

Wir fahren zunächst über das SLOTER MEER nach WOUDSEND und machen dort im Jachthafen fest. Da fast überall Liegegebühr erst ab 1700 Uhr kassiert wird, kann man tagsüber locker anlegen. Wir machen mit den beiden gemieteten Fahrrädern, der Rest der Mannschaft zu Fuß, eine Runde durch die Stadt und fahren dann weiter durch den WOUDSENDER RAKKEN ins HEEGER MEER. An diesem Sonntag scheint alles auf dem Wasser zu sein - jede Menge Segelboote kreuzen vor uns und verlangen höchste Konzentration auf den engen Kanälen. Im HEEGER MEER lernen wir in den Wasserstraßen mit den Tonnen zu navigieren - diese haben eine Nummer aufgemalt, die auch in den Wasserkarten aufscheinen. Das erleichtert das Abbiegen an einer bestimmten Stelle. Auch riesige grüne und rote am Ufer eingegrabene Pfeile dienen der Orientierung und kennzeichnen die Einmündung der Kanäle in die Seen.
Zu Mittag lädt uns die kleine unbewohnte Insel LANGEHOEKSPOLLE zu einem Aufenthalt ein. Da unser Schiff leider keine Fahnenstange für die mitgebrachte österreichische Fahne hat, schneiden wir aus einem Gebüsch einen Stock ab und improvisieren so durch Verwendung eines Textilklebebandes und Abspannung an der Dachreeling. Ab diesem Moment sind wir die Sensation von Friesland - alle grüßen uns freundlich und wissen, dass wir Bergfexen im Wasser nicht so ganz zu Hause sind.
Wir fahren weiter über das GROTE GAASTMEER und kommen am Nachmittag in WORKUM, unserem Tagesziel, an. Wir machen fest, Landgang, Abendessen.

Beim abendlichen Kartenspiel fließt plötzlich kein Wasser mehr aus den Leitungen. Franz, unser Leitender Ingenieur analysiert die Lage: Strom ist vorhanden, also kann’s nur am Wasser liegen. Obwohl wir nicht glauben, schon soviel verbraucht zu haben, beschließen wir Wasser nachzutanken. Da die Wassertanksstelle nur 2 Bootslängen von unserem Liegeplatz entfernt ist und wir unsere Nachbarn nicht durch Motorenlärm wecken wollen, ziehen wir unser Boot im Mannschaftszug zur Wasserleitung. Wasser getankt - kein Erfolg. Also wieder zurück im Mannschaftszug. Der Kriegsrat beschließt am nächsten Morgen die Basis in LEMMER telefonisch zu verständigen.


Tageskilometer: 22 Brücken: HFL 6.- Liegeplatz: HFL 14,-  Wasser: gratis
 

Montag, 18.September 1995
Nach der Tagwache fahre ich mit dem Fahrrad zur nächsten Telefonzelle und verständige Herrn Bockelberg. Der verspricht einen Mechaniker zu schicken. Nach meiner Rückkehr sind schon frische Semmeln an Bord (was ein Wunder ist, da die meisten Bäckereien erst um 0830 Uhr ihr Geschäft öffnen). Wir sind noch mitten im Frühstück, als der Mechaniker vorfährt und binnen 10 Minuten den Schaden behebt. Mir steht noch ein schwieriges Manöver bevor, da ich von meinem Liegeplatz erst rückwärts zwischen den anderen Schiffen durchsteuern muss, um in die gewünschte Fahrtrichtung zu gelangen. Beim Rückwärtsfahren kann ich aber kaum steuern und es verzieht mich immer nach einer Seite. Es gelingt mir aber schließlich doch in mehreren Etappen, indem ich mich im Vorwärtsgang immer wieder gerade richte und dann wieder ein Stück zurückfahre. Ich schreibe dies meiner Unfähigkeit zu, Hr.Bockelberg erklärt mir aber nach meiner Rückkehr, dass dies nicht anders gehe und nur eine Bugschraube Abhilfe schaffe, mit der aber die Connoisseur nicht ausgerüstet sei. Wir fahren nun Richtung TJERKWERD weiter. Es ist nebelig und windig geworden. Jetzt merke ich erst, wie der Wind mit dem Boot spielt. Eine Brücke ist geschlossen - keine Reaktion auf mein Hornsignal. Der Seitenwind treibt mich ins Schilf. Obwohl keine Anlegestelle, möchte ich das Boot ans Ufer bringen. Regina springt mit der Heckleine auf die Uferböschung, findet einen Pflock und macht die Leine fest. Aber der Pfosten gibt nach, das Boot treibt weiter ab. Da wird die Brücke geöffnet. Ich gebe Gas und fahre durch. An Land zurück bleibt meine Frau, die erst mühsam mehrere Stacheldrahtzäune überklettern muss, um jenseits der Brücke wieder aufgenommen zu werden. Der Brückenwärter war gerade bei Kaffee und Kuchen.
In MAKKUM haben wir einen sehr schönen Liegeplatz. Wir machen Mittagspause an Bord, anschließend einen Stadtrundgang und besichtigen die Porzellanmanufaktur. 
Wieder zurück nach TJERKWERD. Besichtigung von ALLINGAWIER und EXMORRA entfällt, da keine Anlegeplätze gefunden. Plötzlich wieder eine geschlossenen Brücke. Wir sehen, wie ein anderes Boot mit dem Wind kämpft und beschließen anzulegen. Aber weit und breit nichts zum Festmachen. Da entdecken wir am Ufer eine Parkbank. Unter Verlängerung aller Leinen können wir den Fahrradweg überspannen und an der Bank festmachen. Weiter geht es nach BOLSWARD, wo wir wieder einen schönen Liegeplatz finden. Stadtrundgang und Abendessen in der Pizzeria "Ponte Vecchio" (riesige Portionen, unvorstellbare Sortenauswahl). Der Hafenmeister trifft uns nicht an und hinterlässt am Dunstabzug unserer Küche eine Rechnung. Wie er die dorthin gebracht hat, ist uns ein Rätsel.


Tageskilometer: 25 Brücken: HFL 19,50 Liegeplatz: HFL 9,60 Wasser: --
 

Dienstag, 19.September 1995
Wieder rückwärts ausparken - in der Zwischenzeit kann ich’s schon besser ! Dann verlegen wir zum Wasserbunkern. Aufgrund mangelnder Disziplin anderer Boote bei der Freihaltung der Wasserstellen muss ich mit dem Heck voraus anlegen, was mich wieder vor einige Probleme stellt. Es gelingt aber zum Glück. Bei der Durchfahrt durch die Brücke von BOLSWARD, die für uns kleine Schnuckelboote gar nicht geöffnet wird, büßen wir 5 cm unserer Fahnenstange ein - es bleibt aber noch genug. Es ist immer noch windig und stark nebelig. Wir fahren Richtung IJLST. Im kleinen OOSTERHEMMERMEER kommt uns ein Boot entgegen, und verständigt uns, dass die Eisenbahnbrücke erst in 30 Minuten geöffnet wird. Da keine Anlegemöglichkeit besteht, muss  wieder eine Parkbank herhalten, wir legen uns längsseits an das andere Boot und treffen uns zu einem Plausch mit den deutschen Bootsfahrern. Weiter nach IJLST - dort hat die Brücke Mittagspause. Wir legen mitten im Ort an einem Privatliegeplatz an, klopfen aber an die Tür des benachbarten Hauses und bekommen die Erlaubnis über Mittag zu bleiben. Supermarkt ist nebenan - einkaufen, kochen, essen.
Um 1300 Uhr öffnet die Brücke wieder - weiter nach SNEEK. Sehr schöne Stadtdurchfahrt. Das Sneeker Tor fasziniert mich so, da
ss ich beinahe hindurchgefahren wäre. Man muss aber unmittelbar davor im rechten Winkel abbiegen und eine Brücke passieren. Wunderbaren Liegeplatz gefunden, nur zur Toilette ist es weit - ich fahre mit dem Rad. Stadtrundgang, einkaufen, essen an Bord, Kartenpartie. Vor dem Schlafengehen die allabendliche Gelsenjagd. Da das Boot, wie sich der Instruktor ausdrückte, ein "Sommerboot" ist, weist es auch sehr viele Spalte und Ritzen zwischen Verdeck und Bootskörper auf, die nur teilweise durch Klettverschlüsse abgedeckt sind. Durch das Licht angezogen, findet daher auch allerlei blutsaugendes Getier seinen Weg in unsere Schlafgemächer. Ein Gelsenmittel wäre zu empfehlen !
In der Nacht unheimliche Geräusche an Deck.

Tageskilometer: 15 Brücken: HFL 15 Liegeplatz: gratis Wasser: gratis
 

Mittwoch, 20.September 1995
In der Früh sehen wir die Spuren unserer nächtlichen Besucher: auf einem Baum über uns haben offensichtlich irgendwelche Rabenvögel übernachtet und unser Vorschiff mit einem himbeerfarbenen Anstrich versehen. Halbe Mannschaft macht Klarschiff, andere Hälfte Frühstück. Es setzt starker Regen ein, der aber, wie meist in Holland, nach Durchzug der Wolke auch immer wieder aufhört. "Salzburger Schnürlregen" haben wir nie erlebt, vermutlich fehlen die Berge zum Stauen der Wolken. Nach dem Ablegen kämpfen wir mit der Rundumsicht, da alle Scheiben beschlagen bzw. durch außen anhaftende Regentropfen blind werden. Hier würden wir die Mitnahme des Scheibenabziehers aus einem Auto sehr empfehlen. Auch gegen das Beschlagen der Scheiben finden wir schließlich ein ausgezeichnetes Mittel: da das Öffnen der Seitenscheiben nichts nützt, öffnen wir einfach die seitlichen Abdeckklappen für das Kurbelverdeck und so strömt von unten der Fahrtwind in das Boot.

Nach Überqueren des SNEEKER Meeres, das bei dieser Wetterlage recht rauh ist, fahren wir durch die offene Schutzschleuse wieder in den PRINSES MARGRIET Kanal. Dort herrscht reger Berufsschiffverkehr, dem ich nach Möglichkeit aus dem Weg gehe, denn die großen Pötte sehen schon sehr bedrohlich aus unserer Froschperspektive aus. Vorteil dieser Wasserstraße ist, dass wir keine Brückengebühr zahlen müssen, da die Brücken wegen ihrer Höhe für uns gar nicht geöffnet werden müssen. Bei starkem Gegenwind erreichen wir GROUW, wo wir Mittagspause machen wollen. Ich fürchte ein ruppiges Anlegemanöver und suche hektisch einen windgeschützten Anlegeplatz. Diesen finde ich auch sehr rasch in der nördlichen Bucht nahe bei einer Windmühle. Verständnislosigkeit ernten wir bei einer dort übenden deutschen Bootsschulgruppe, als wir erklären, dass wir in die Stadt wollen. Bald wird uns auch klar warum: aus Brückenmangel müssen wir die Stadt fast einmal umrunden, bis wir endlich ankommen (30 Minuten scharfer Marsch). Stadtrundgang, essen im Hotel Oostergoo, vor dessen Haus sich die schönsten Anlegeplätze befinden. Hafeneinfahrt leider übersehen, Navigator kurz unorientiert.
Nach ebenso langem Rückmarsch fahren wir weiter in das Naturschutzgebiet PRINCENHOF, landschaftlich sehr schön (Natur pur). Wir finden in EERNEWOUDE einen sehr schönen Passantenhafen, wo es mir gelingt, trotz immer noch heftigem Wind in einer Liegebox einzuparken, während ich bisher immer nur längsseits eingeparkt habe. Da ich die Auswahl habe, nehme ich gleich den Platz neben der Wasserstelle, was mir am nächsten Tag ein Verholen ersparen soll.
Für den Dorfrundgang benötigt man nur 15 Minuten, dafür können wir uns über eine Wetterbesserung freuen. Während wir noch mit der Seele baumeln, fährt das Boot mit unseren deutschen Freunden vom OOSTHEMMERMEER vor. Sie beschließen, auch über Nacht zu bleiben, legen neben uns an, und wir verabreden uns mit Eva und Jochen auf unserer Connoisseur zu einem abendlichen Kartenspiel. Dieses gerät sehr ausgelassen, wir spielen UNO mit gänzlich neuer Regelauslegung, wobei für alles und jedes Strafkarten vergeben werden (lümmeln, Spielverzögerung, falsch reklamieren usw. usw.). Erst um 2300 Uhr finden wir ein Ende und fallen in die Kojen.


Tageskilometer: 25 Brücken: -- Liegeplatz: HFL 16,-  Wasser: --
 

Donnerstag, 21.September 1995
Trotz des intensiven Vorabends kann Franz nicht lange schlafen und beginnt schon im Morgengrauen mit Wasserbunkern. Durch das Getrappel an Deck kann auch sonst keiner ein Auge zumachen. Selbst der Himmel ist böse und schickt laufend heftige Regenschauer. Nach dem Frühstück und ausgiebiger Verabschiedung von unseren deutschen Freunden legen wir ab und fahren über KROMME EE, SIJTEBUURSTER EE und NES nach AKKRUM. Bei den Regenmengen mu
ss der eher als Alibi zu bezeichnende winzige Scheibenwischer manchmal passen und die Deckmannschaft packt die Regenklamotten aus, um als Ausguck zu fungieren bzw. unsere Schulden bei den Brückenwärtern zu begleichen. In AKKRUM hat das Wetter aber wieder ein Einsehen und die Sonne kommt durch. Wir finden im Jachthafen einen Anlegeplatz und machen einen Stadtrundgang. Nach dem Essen an Bord geht’s weiter über MEINESLOOT, TERKAPLESTER POELEN, GOINGARIJPSTER POELEN und NOORDER OUDEWEG. Unsere deutschen Freunde haben uns empfohlen, nicht nach JOURE hineinzufahren, da dort der Hafen sehr eng sei und von einer angrenzenden Fabrik eine heftige Geruchsbelästigung ausgehe. Also suchen wir ein Nachtlager im Freigelände. Unsere weiblichen Crew-Mitglieder können inzwischen schon die Wasserkarte lesen und wollen partout eine andere Strecke fahren, weil sie glauben, dass auf der vorgesehenen ganz bestimmt kein passender Liegeplatz zu finden sein wird. Fast kommt es zu Meuterei......! Mein Hang zum "positiven Denken" rettet jedoch meine Autorität, als plötzlich, wie aus dem Nichts, direkt vor der Schleuseneinfahrt Richtung JOURE, ein idyllischer Hafen in freier Natur auftaucht und wir auf einer kleinen Insel festmachen können. Dort fühlen wir uns wie Robinson und Freitag, essen unsere restlichen Vorräte auf und verbringen die Nacht.

Tageskilometer: 29 Brücken: HFL 7,50 Liegeplatz: -- Wasser: HFL 3,-
 

Freitag, 22.September 1995
Da wir bisher unseren Reiseplan exakt eingehalten haben, ist die für den letzten Tag vorgesehene Zeitreserve nicht mehr nötig und wir beschließen eine Änderung der Fahrtroute. Statt sofort über das TJEUKEMEER nach LEMMER zurückzufahren, nehmen wir Kurs auf HEEG. Bei der ersten Brücke finden Wartungsarbeiten statt und man winkt uns durch den kleinen Durchlass. Dies verkürzt unseren Fahnenmast um weitere 5 cm, aber es ist ja schließlich schon der letzte Tag. Wir überqueren de
n PRINSES MARGRIET Kanal und fahren auf dem JOHAN FRISO Kanal nach HEEG. Wieder finden wir eine schöne Anlegestelle, machen einen Stadtrundgang und nehmen in einem Restaurant, direkt neben der Drehbrücke, einen kleinen Imbiss. Fasziniert schauen wir zu, wie die größeren Schiffe diese nur 4m breite Durchfahrt mit anschließender rechtwinkeliger Kurve bewältigen. Unser weiterer Weg führt uns über schon bekannte Strecken durch WOUDSEND und SLOTEN. Dann nehmen wir jedoch den Weg über das BRANDE MEER und machen dort noch eine Kaffepause an einer Anlegestelle im Freigelände. Elisabeth, die wie weiland Franz von Assisi mit den Tieren spricht, findet auch hier, in absoluter Abgeschiedenheit, einen treublickenden Hund, der am Landesteg sitzt und auf Hundekuchen wartet. Gestärkt geht’s zur letzten Etappe. Wir durchfahren die GROTE BREKKEN und schrecken uns vor einem Öltanker, der blitzschnell hinter uns auftaucht und uns überholt. Auch in seinem mehrere hundert Meter langen Kielwasser zu fahren ist ein seltsames Gefühl, wie mit dem Auto auf Glatteis.
Die Durchfahrt durch LEMMER ist sehr schön, viele große und teure Jachten liegen an den Ufern und man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, sie dienen nur einem Zweck: ...sehen und gesehen werden !
Die Schleuseneinfahrt ist leider wieder einmal geschlossen und wir müssen warten. Da ich nirgends festmachen will, lasse ich mich im Hafenbecken treiben. Obwohl nur wenig Wind herrscht, gerate ich den anderen Schiffen zu nahe, fahre eine Runde und beginne das Spiel von neuem. Unter ätzenden Bemerkungen der Crew ziehe ich schließlich 3 Runden, bis das Schleusentor endlich aufgeht. Die Connoisseur-Basis ist bald gefunden und es naht der Höhepunkt der Manövrierkunst: das Einparken in eine freie Liegebox im engen Bootshafen. Doch entgegen allen Prophezeiungen gelingt auch dies, ohne andere Boote zu rammen oder den Anlegesteg zu demolieren. Mit einem Gläschen Genever feiern wir unsere glückliche Rückkehr.

Anschließend Stadtrundgang in LEMMER und köstliches Abschiedsessen im Restaurant "‘t Hoekje". In der Zwischenzeit sind uns offensichtlich bereits Seemannsbeine gewachsen, denn wir spüren die schwankenden Bootsbewegungen sogar beim Essen. Letzte Nacht an Bord.


Tageskilometer: 33 Brücken: HFL 13,- Liegeplatz: --   Wasser: --
 

Samstag, 23.September 1995
Die Sanitäranlagen bei Connoisseur sind leider erst ab 0800 Uhr morgens geöffnet. Solche körperfeindlichen Regelungen haben wir sonst nirgends gefunden, meist ist zumindest ein Nacht-WC offen. Dies könnte verbessert werden, da offensichtlich auch andere Bootsmieter auf die Idee kommen, die letzte Nacht in der Basis zu verbringen.

Hektik beim Packen der Koffer und Beladen des Autos. Die Bootsübernahme erfolgt im Bausch und Bogen, nur der Dieselverbrauch wird mit einer Latte nachgemessen. Im Büro erfolgt die Endabrechnung und wir erfreuen Herrn Bockelberg damit, dass wir ihm unser ganzes restliches Kleingeld, das wir für die Brückengebühren gesammelt haben, in mehreren Stapeln hinterlassen. Aber er trägt’s mit Fassung.

Bei der Abfahrt mit dem Auto merken wir deutlich, dass uns an diesem Tag etwas schon liebgewordenes fehlt und wir wären gerne bereit gewesen, noch eine Woche anzuhängen.

Gesamtabrechnung:

Kilometer: 159 Brücken: HFL 74,- Liegeplatz: HFL 56,10 Wasser: HFL 3,- Diesel: 120 Liter


Auf der Rückreise nach Österreich fuhren wir über den Mittelrhein und nächtigten in RHENS (südlich von KOBLENZ). Dann ging’s weiter nach Franken, wo wir noch drei Tage in DINKELSBÜHL wohnten und die schönen Städte an der deutschen romantischen Straße besichtigten.

Als wir wohlbehalten wieder in WIEN angekommen waren, hatten wir das Gefühl, in diesen 3 Wochen so eine Vielzahl von Eindrücken erlebt zu haben, dass wir davon bis zum nächsten Urlaub zehren können.

Ein Hausbooturlaub ist jedenfalls auch weiterhin im Gespräch (das nächste Mal vielleicht mit einer Bugschraube ?).

 

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